Heiko Hinz-Bugaj, CGI

Heiko Hinz-Bugaj

Director

Nadine Schardt, CGI

Nadine Schardt

Senior Consultant

Die heutige Geschäftswelt steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Agile Arbeitsweisen galten lange als das schnellste und flexibelste Modell auf dem Markt – doch selbst diese stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Der rasante Fortschritt der Künstlichen Intelligenz (AI) bringt weitere kontinuierliche Neuerungen und Veränderungen mit sich, die Unternehmen unter Druck setzen. Die Arbeitswelt wird immer komplexer, während viele Unternehmen glauben, dass AI automatisch mehr Produktivität bedeutet. Doch viele merken gerade: Das ist nicht der Fall.

Eine im Jahr 2024 von der Non-Profit-Organisation RAND Corporation veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 80 % aller AI-Projekte scheitern. Die meistgenannten Gründe sind

  • Unklarheit darüber, welches Problem mit Hilfe von KI gelöst werden soll.
  • Den Unternehmen fehlen die notwendigen Daten, um effektive KI-Modelle zu trainieren.
  • Falscher Schwerpunkt: mehr Einsatz der besten Technologie als Lösung eines echten Problems für die Nutzer.
  • Fehlen einer angemessenen Infrastruktur für die Verwaltung von Daten und den Einsatz fertiger KI-Modelle.
  • Führungskräfte setzen zu hohe Erwartungen in KI und behandeln sie wie eine Allzwecklösung. (Dies hat auch oft zu tun mit einer Abkopplung der operativen Umsetzung von der ursprünglichen Unternehmensstrategie, worauf wir im Artikel eingehen.)
     

Diese Herausforderungen sind schon immer Treiber für agile Ideen gewesen – lange bevor es KI überhaupt gab. Wenn man mit dem Deming-Cycle (Plan-Do-Check-Act) in den 1950er Jahren einen Startpunkt setzt, blicken wir auf bald 80 Jahre Evolution von Agilität zurück. Seit der Veröffentlichung des agilen Manifests im Jahr 2001 ist „Agile“ förmlich explodiert. Es gibt eine Unzahl von agilen Frameworks, Instituten und Zertifizierungen. Tausende arbeiten in dieser Industrie, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit von Menschen kontinuierlich zu verbessern. AI Agents warten mittlerweile ebenfalls darauf, Teil von Produktteams zu werden.

Wie kann es also sein, dass die Zahl der gescheiterten AI-Projekte noch höher ist als z. B. IT-Projekte generell?

Schnell und verantwortungsbewusst handeln

Aus unserer Sicht als Agile Coaches steht die „agile Bewegung“ an einem Punkt, wo Konzepte weiterentwickelt werden müssen. Die sowieso schon bestehende Komplexität im digitalen Bereich hat mit der Evolution von AI nochmal stark zugenommen. Damit einher geht eine Überforderung von Teams, die wir selbst durch zahlreiche Assessments feststellen können.

Durch den Einsatz von AI Agents wird z.B. mit dem Prototyping ein Teil der gesamten Wertschöpfungskette viel schneller, was den Druck auf Entscheider, Product Owner und Teams erhöht, die richtige Wahl für neue Features zu treffen.

Aus „move fast and break things” muss “move fast and responsible” werden. Fehlerhafte Entscheidungen bei AI-getriebenen Entwicklungen können große Auswirkungen haben, zu zentral sind sinnvolle Diskussion rund um den ethischen Einsatz von AI oder Datenschutz. Kollaborativ erarbeitete Frameworks können notwendige Leitplanken bieten. Bei CGI verwenden wir hier unser „Human-Agent Partnership Management Framework“, um eine harmonische Zusammenarbeit von Menschen und AI Agents zu ermöglichen.

Und nicht zuletzt müssen AI Agents als vollwertige Teammitglieder und „virtuelle Belegschaft“ betrachtet werden, da sie schon heute im direkten Kundenkontakt stehen, eigenständige Entscheidungen treffen oder die Arbeit von Menschen ersetzen. Dies direkte Auswirkungen auf Führungskräfte und Agile Coaches.

Agilität und Künstliche Intelligenz ergänzen sich also wie Sonne und Strand. Während agiles Arbeiten darauf abzielt, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und kontinuierlich zu optimieren, bietet AI die Möglichkeit, datenbasierte Entscheidungen schneller und präziser zu treffen. Durch den Einsatz von AI können Teams effektiver arbeiten, indem sie Muster in großen Datenmengen erkennen, Engpässe frühzeitig identifizieren, Prognosen auf der Basis von Echtzeit-Feedback erstellen und Prozesse automatisieren. Dies schafft Raum für Kreativität und strategische Entscheidungen, während Routineaufgaben minimiert werden.

Teams weit entfernt von Agilität

Die Partnerschaft von AI und Agilität kann nur gelingen, wenn beide Seiten Hand in Hand laufen. Die Weiterentwicklung von agilen Konzepten ist notwendig, und gleichzeitig ist ein Rückbesinnen auf agile Prinzipien genauso relevant. Wir erleben vielfach Kunden, die agiles Arbeiten schon länger eingeführt haben, aber enttäuscht feststellen, dass die gewünschten Ergebnisse ausbleiben. Wir stellen immer wieder fest, dass Teams in vielen Dimensionen weit entfernt davon sind, Agilität zu meistern.

Das ist für viele schwer zu akzeptieren. Doch die Fakten (aus zahlreichen Assessments stammend) sprechen für sich: Bug-Raten von 50 bis 70 Fehlern pro Sprint, viel zu große Teams, überladene Sprints, gefördertes Silodenken und eine Flut an Leftovers nach jedem Sprint.

Warum agiles Arbeiten oft scheitert

Teams verlassen sich oft auf ein Framework als Lösung, anstatt die dahinterliegenden Prinzipien wirklich zu verstehen. Agiles Arbeiten bedeutet nicht nur Daily Stand-ups abzuhalten oder Sprints durchzuführen. Es bedeutet vielmehr, sich konsequent an den sich ändernden Anforderungen der Kunden und des Marktes auszurichten. Agilität erfordert einen offenen Dialog, iterative Verbesserungen und eine Umgebung, die kontinuierliches Lernen fördert sowie Fehler zulässt. Ohne Anpassungen an der Unternehmenskultur und bestehenden Strukturen geht es nicht. Führungskräfte müssen ihr Führungsverhalten verändern (dazu gehört auch Mut, den wir im Blog-Artikel Stift, Papier und Mut: Drei unabdingbare Elemente auf dem Weg zu Business Agility" besprechen).

Beyond Scrum: Maßgeschneiderte Agilität statt blindes Copy-Paste

Agilität ist kein festes Regelwerk, sondern ein flexibler Ansatz, der an die Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens angepasst werden muss. Ein einfaches “Copy-Paste aus dem Scrum Guide” reicht nicht aus, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Wir stehen für „Beyond Scrum“, also maßgeschneiderte agile Lösungen, die nicht nur Frameworks implementieren, sondern sicherstellen, dass Agilität wirklich gelebt wird. Dazu gehört eine konsequente Rückbesinnung auf die agilen Basics: kleine, funktionsübergreifende Teams, klare Sprint-Ziele, kontinuierliche Verbesserung, Raum für Experimente und echte Zusammenarbeit aller Flughöhen. Es geht darum, organisatorische Strukturen so anzupassen, dass Eigenverantwortung und Transparenz gefördert werden.

Menschen machen den Unterschied

Frameworks und Künstliche Intelligenz allein lösen also keine Probleme – das tun die Menschen, die Verknüpfungen herstellen und kreativ werden. Technologie kann unterstützen, aber sie kann nicht die entscheidende Komponente ersetzen: eine gelebte agile Kultur, die von den Mitarbeitern aktiv getragen wird. Agilität funktioniert nur dann, wenn alle Beteiligten bereit sind, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, Verantwortung zu übernehmen und offen für Veränderungen zu sein.

Deshalb setzen wir uns für eine neue Art der Agilität ein – jenseits starrer Frameworks, mit echtem Fokus auf Menschen, Prozesse und nachhaltige Veränderungen. Denn letztendlich sind es nicht Frameworks oder künstliche Intelligenz, die den Erfolg bestimmen, sondern die Menschen, die sie smart einsetzen.

Unser Fazit

AI + Agilität = Perfekte Kombination.

Aber: KI und ein beliebiges Framework lösen keine Probleme, sondern die Menschen!

Über diese Autoren

Heiko Hinz-Bugaj, CGI

Heiko Hinz-Bugaj

Director

Heiko Hinz-Bugaj leitet das CGI Next Agile Business Consulting-Team. Seit mehr als 17 Jahren begleitet er Menschen und Organisationen als Agile Coach, Trainer, Berater und Projektmanager. Sein breites Wissen im Bereich Agile Transformation, Coaching, Change Management und Delivery setzt er für Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen ...

Nadine Schardt, CGI

Nadine Schardt

Senior Consultant

Nadine Schardt ist passionierte Agile Coach bei CGI und unterstützt sie seit vielen Jahren Teams dabei, digitale Produkte erfolgreich zu entwickeln und sich zu echten High-Performance-Teams zu entwickeln.