Der folgende Artikel fasst ein Gespräch zusammen, das Hydrogeninsight mit den CGI Experten Peter Warren und David van der Ploeg führte. Thematisiert wurden dabei die Chancen und Herausforderungen der globalen Wasserstoffwirtschaft; im Fokus standen die Wasserstoff-Ökosysteme, komplexen Regulatorien und innovativen Technologien.

Welche Rolle spielt Wasserstoff in der sich verändernden Energielandschaft?

Die Bedeutung von Wasserstoff für die Dekarbonisierung nimmt in allen Regionen zu. Wo eine vollständige Elektrifizierung nicht möglich ist, bietet er vielversprechende Alternativen. Doch der Erfolg der neuen Wasserstoff-Lieferketten hängt wesentlich von der Harmonisierung der Rechtsvorschriften, skalierbaren Datenlösungen und der Zusammenarbeit in den Wasserstoff-Ökosystemen ab.

Wie wichtig sind funktionierende Wasserstoff-Ökosysteme für die Energieversorgung von morgen?

Welche Bedeutung Wasserstoff in der Energieversorgung zukünftig spielen wird, hängt von den Gegebenheiten vor Ort, der Infrastruktur und dem geopolitischen Kontext ab. Je nach den vorhandenen Ressourcen und Verteilnetzwerken werden sich einige Regionen zu Nettoexporteuren entwickeln, während andere auf Importe angewiesen bleiben. Bestehende Anlagen wie Erdgaspipelines können für die Nutzung von Wasserstoff genutzt werden. So reduzieren sich die Transportkosten und die Akzeptanz wächst.

Darüber hinaus kann Wasserstoff auch als Speichermedium für erneuerbare Energien dienen und dadurch produktionsreiche Gebiete mit verbrauchsintensiven Regionen verbinden. Dies zeigt unmittelbar, wie entscheidend integrierte Versorgungsketten und Ökosysteme für den Erfolg von Wasserstoff als Energieträger sind.

Wie lassen sich integrierte Wasserstoff-Ökosysteme aufbauen?

CGI setzt hier auf Lösungen wie CGI AgileDX-Sustainability und CGI AgileDX-Hydrogen. Beide Plattformen unterstützen die Unternehmen dabei, die Herausforderungen komplexer Wasserstoff-Wertschöpfungsketten zu bewältigen: Sie verbessern die Sichtbarkeit, erleichtern die gezielte Abstimmung zwischen den einzelnen Stakeholdern und ermöglichen es, aus den Daten praxisrelevante Erkenntnisse zu gewinnen und so die Zusammenarbeit und Leistung zu fördern.

Ein zentraler Aspekt von Wasserstoff als Energieträger ist, dass sich seine Herstellung und Nutzung nicht isoliert skalieren lässt. Alle Akteure – von Energieerzeugern und -verteilern bis zu Herstellern, Händlern und Finanzdienstleistern – müssen integriert werden.

Organisationen, die diese unterschiedlichen Bereiche miteinander verbinden können, sind gut aufgestellt: Sie sind in der Lage, die vielfältigen Verknüpfungen in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette optimal zu nutzen.

Digitale Plattformen, die nach dem Vorbild bewährter Handelssysteme konzipiert sind, stellen die Machbarkeit des Wasserstoffhandels bereits unter Beweis. Dabei kommen erfolgserprobte Technologien aus der Energie- und Finanzwelt zum Einsatz – wie Echtzeit-Datenverarbeitung und nahtlose Systemintegration.

„Wir bauen nicht nur neue Energiesysteme – wir gestalten eine Wirtschaft der Zukunft.“

Peter Warren, Leiter Global Council Energy & Utilities

 

Wie wichtig sind verlässliche Daten angesichts der hohen regulatorischen Komplexität?

Eine der größten Herausforderungen, wenn es um das Skalieren der Herstellung und Nutzung von Wasserstoff geht, ist die hohe regulatorische Komplexität. Die Vorschriften variieren je nach Region, eine globale Koordination erfolgt nur begrenzt. Aufkommende Standards wie ISO 14687 sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch die Unternehmen müssen sich weiterhin mit komplexen und veränderlichen Anforderungen auseinandersetzen. Gleichzeitig gilt es, die Einhaltung der Vorschriften und die Rückverfolgbarkeit sicherzustellen.

Daten sind hierbei ein entscheidender Faktor. Unternehmen benötigen verlässliche und überprüfbare Informationen über die CO2-Intensität des Wasserstoffs, der in ihren Liefernetzwerken weitergegeben wird. Diese Transparenz unterstützt nicht nur eine fundierte Nachhaltigkeitsberichterstattung, sondern bereitet auch auf künftige Besteuerungsmodelle vor, die auf tatsächlichen Emissionen basieren.

Wie lassen sich Nebenprodukte der Wasserstoffherstellung gewinnbringend nutzen?

Obwohl Wasserstoff-Umwandlungsprozesse nicht immer den höchsten Effizienzgrad erreichen, können sie wirtschaftlich sinnvoll sein – besonders wenn überschüssige erneuerbare Energie ansonsten ungenutzt bliebe. Begreifen Unternehmen Abfall als potenzielle Ressource, erschließen sie sich zusätzliche Wertschöpfungspotenziale.

Ein anschauliches Beispiel: Bei der Wasserstoffproduktion entstehende Wärme lässt sich für die Beheizung nahegelegener Gebäude nutzen; anfallendes Wasser kann in hydroponischen Landwirtschaftssystemen Verwendung finden. Solche sektorübergreifenden Partnerschaften helfen nicht nur dabei, die gesetzten Kreislaufwirtschaftsziele zu erreichen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoffprojekten zu heben.

„Was wir derzeit als Abfall betrachten, lässt sich auch als Chance begreifen – mit der richtigen Perspektive können Nebenprodukte zu Produkten werden.“

David van der Ploeg, Leiter Entwicklung AgileDX

 

Wie helfen digitale Drillinge dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen?

Durch digitale Drillinge – um generative KI erweiterte digitale Zwillinge für Produktion, Netz und Marktumgebungen – lassen sich Wasserstoffsysteme wirkungsvoll optimieren. Auf der Basis definierter Geschäftsziele werten sie Echtzeitdaten aus und helfen Unternehmen so bei der Entscheidung, wie überschüssige Energie am besten genutzt werden kann.

Sie helfen, Fragen zu klären wie: Sollte Elektrizität verkauft, gespeichert oder in Wasserstoff umgewandelt werden? Ist es sinnvoller, Wasserstoff wiederzuverwenden oder zu Düngemittel weiterzuverarbeiten? Das übergeordnete Ziel ist dabei stets, den Wert über sämtliche Assets hinweg zu maximieren.

Welche Rolle spielen digitale Tools und die politische Angleichung bei der Skalierung von Wasserstoffsystemen?

Der zunehmende Einsatz von Sensordaten, verantwortungsvoller KI und fortschrittlicher Analytik ermöglicht Organisationen, Wasserstoffsysteme effektiv und im industriellen Maßstab zu steuern. Präzise Echtzeit-Einblicke in die Produktion, Verteilung und Nutzung sind dabei essenziell, um sowohl die Leistung als auch die Nachhaltigkeit zu optimieren.

Doch technologische Innovation allein reicht nicht aus – sie muss von durchdachter Politik begleitet werden. Fragmentierte oder widersprüchliche Regularien können den Fortschritt erheblich verlangsamen. Eine intensivere Abstimmung zwischen den Gesetzgebern und Branchenführern ist daher entscheidend, um die aktuelle Dynamik zu erhalten und weiter auszubauen.

Wasserstoff eröffnet viele neue Wege für eine nachhaltige Energie- und Wirtschaftsentwicklung. Der Erfolg lässt sich dabei nicht durch ein einheitliches Modell, sondern vor allem durch maßgeschneiderte Strategien und eine intensive Zusammenarbeit über Regionen und Sektoren hinweg erreichen.