Im dritten Teil unserer Podcast-Reihe Energy Transition Talks sprechen die CGI-Experten Martijn Frints und Tom van der Leest über die vielversprechende Rolle von Wasserstoff auf dem neuen Energiemarkt. Was sind die Herausforderungen und Chancen auf dem Weg zu einer integrierten, grünen Wasserstoffwirtschaft?

Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der Diskussion.

Der Energiemarkt befindet sich in einer sehr schwierigen Phase. Schwankende Energiekosten und das Ziel, die Treibhausgasemissionen auf null zu reduzieren, beschleunigen die Umstellung auf umweltfreundlichere Energie. Das Wachstum bei den erneuerbaren Energien und den dezentralen Energiequellen macht es jedoch immer problematischer, die Verbrauchs- und Produktionsmuster vorherzusagen.

Die Schlüsselrolle von Wasserstoff

Da Sonnen- und Windenergie volatil und unvorhersehbar ist, sind die Energiespeicherung und die Flexibilität des Marktes in den Fokus geraten. Hier könnte Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen.  

Wasserstoff ist ein Energieträger. Das bedeutet, dass er die Möglichkeit bietet, Energie zu speichern und von dem Ort, an dem sie erzeugt wird, dorthin zu transportieren, wo sie benötigt wird. Dies verleiht dem Energiemarkt-Management eine neue Dimension. Derzeit wird der größte Teil des Wasserstoffs aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas hergestellt, das als Ausgangsmaterial für chemische Prozesse verwendet wird. Bei diesem, so genannten grauen Wasserstoff, wird Kohlendioxid freigesetzt. Dies erhöht den Kohlenstoff-Fußabdruck erheblich. Für die Zukunft brauchen wir deshalb eine nachhaltigere Form des Wasserstoffs, sogenannten grünen Wasserstoff. Grüner Wasserstoff nutzt Strom aus erneuerbaren Energien, um Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Bei dieser Methode wird kein CO2 erzeugt, was sie zur „saubersten“ Form von Wasserstoff als Kraftstoff macht.

Der Weg zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft

Die Industrie deckt derzeit den größten Teil der Wasserstoffnachfrage. Deshalb wird erwartet, dass die erste Welle des Übergangs zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft auch von der Industrie vorangetrieben wird. Ziel ist es, dass Branchen, die grauen Wasserstoff verwenden, zu blauem Wasserstoff übergehen (der Wasserstoff wird zwar aus fossilen Brennstoffen hergestellt, aber das CO2 dabei abgeschieden). Längerfristig soll dann grüner Wasserstoff eingesetzt werden. Die nächste Welle betrifft die Mobilität. „Hydrogen is an interesting alternative for heavy-duty and long-haul transport, as well as aviation, shipping and rail,“ sagt Martijn.

Derzeit befindet sich Wasserstoff noch auf der „grünen Wiese“. Es gibt weder einen Markt, eine Transportinfrastruktur noch ein Verfahren – und nur wenige Vorschriften. „It is a great opportunity to take a step toward creating a more consistent international (hydrogen) market in which it's much easier to trade cross border and access each other's markets,“ erklärt Martijn.

Erkenntnisse aus der Öffnung der Strom- und Gasmärkte

Ein offener, internationaler Markt benötigt Regelungen, die das Wachstum und die Integration von Wasserstoff unterstützen. Eine Überregulierung kann die Innovation auf dem Markt behindern. Ohne Vorschriften besteht jedoch die Gefahr, dass einige große Marktakteure alle Spielregeln bestimmen.

Als Ausgangspunkt wäre es gut, sich auf einige Prinzipien für die Regulierung zu einigen, basierend auf den Erfahrungen mit der Entflechtung und Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte. Dazu gehören Transparenz, ein gleichberechtigter Zugang zur Infrastruktur und eine angemessene Überwachung. Ein iterativer Ansatz bei der Regulierung hilft dabei, aus Erfolgen und Misserfolgen zu lernen.

Darüber hinaus bedarf es unabhängiger Aufsichtsgremien, um faire Handelspraktiken zu unterstützen. Sie könnten der European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) ähneln, die für die Gas- und Strommärkte zuständig ist. „I think we can all only guarantee that this market will operate as a fair market with equal opportunities for companies if we regulate it. Which also means that we need the proper regulatory bodies that are responsible for these markets,“ sagt Martijn.

Hydrogen Valleys als Versuchsgelände

Wasserstoff bietet ein immenses Potenzial, die Dekarbonisierung in allen Sektoren zu unterstützen. Es sind jedoch noch viele Fragen offen. Wie lassen sich Anlagen wie ein Elektrolyseur unter Temperatur- und Sicherheitsaspekten am effizientesten betreiben? Wie nehmen die Menschen Wasserstoff und seine Akzeptanz wahr?

Hydrogen Valleys bieten die Möglichkeit, Antworten darauf zu finden. Ein Hydrogen Valley ist so etwas wie ein Mini-Markt. Es handelt sich dabei um eine lokale oder regionale Initiative, bei der Wasserstoff auf verschiedenen Märkten produziert, transportiert und verbraucht wird. Dies schafft ein ideales Umfeld, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht, wie Verbesserungen vorgenommen werden können und wie sich der Einsatz mit der Zeit skalieren lässt.

Data Enablement zur Unterstützung des Wasserstoffwachstums

„At the moment, the focus clearly is on the operational and asset side and there is not a lot of emphasis on the data side yet. What are the key topics from a data perspective which should be addressed moving forward?“ fragt Tom.

Daten werden entscheidend sein, um die Transparenz und Überwachung von Projekten zu verbessern und die Zusammenarbeit zu erleichtern. So können die großen Investitionen des privaten und öffentlichen Sektors in den Hydrogen Valleys verfolgt werden. Daten sind ebenso wichtig, wenn es darum geht, die Marktkopplung zwischen dem künftigen Wasserstoffmarkt und dem derzeitigen Strommarkt zu unterstützen. Ein Energieversorger, der grüne, erneuerbare Energiequellen nutzt und auch auf dem Wasserstoffmarkt aktiv ist, wird mit vielen Herausforderungen und Optimierungsfragen konfrontiert. Dazu benötigt er Daten über die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette, zum Beispiel, wann Energie in Wasserstoff umgewandelt und gespeichert oder aber verkauft werden soll. „Predictability, combining that data and making sure you properly steer all your assets is something I'm interested to see how this will evolve in the upcoming 5 – 10 – 15 years,“ sagt Martijn.

Sobald Länder außerhalb Europas beginnen, Wasserstoff zu produzieren und zu exportieren, werden Zertifikate oder Herkunftsnachweise immer wichtiger. Denn nur so können die Herkunft des Wasserstoffs und die mit seiner Produktion verbundenen Treibhausgasemissionen nachverfolgt werden. Die Planung und der Aufbau einer zentralen Lösung, die Marktprozesse und den Datenaustausch unterstützt, ist hier möglicherweise ausschlaggebend.

Hören Sie sich die anderen verfügbaren Podcasts dieser Reihe an: Wie sich die Netzmodernisierung auf die Energieverteilung auswirkt | Trends für das Management erneuerbarer Energien