Start-up, Accelerator, Incubator, Design Thinking, New Work, Inno-Lab, Digital Transformation und Agile Leadership – will man als Manager auf der Höhe der Zeit sein, kommt man um diese Begrifflichkeiten nicht herum. Doch was ist dran am Silicon-Valley-Modus? Passt er in die Welt tradierter Unternehmen? Sollten Unternehmen zur Umsetzung innovativer Ideen Start-ups gründen? Oder doch besser mit Start-up-Methoden Innovationen im Unternehmen generieren?
Der Wunsch, neuen, zukunftsweisenden Ideen mit Hilfe der vielgepriesenen Start-up-Mentalität zum Geschäftserfolg zu verhelfen, ist ebenso verständlich wie die Hoffnung, sich mit New-Work-Methoden ein Stück Gründergeist in die risiko- und innovationsfeindliche Unternehmenskultur zu holen. Gerne wird dabei vergessen, dass ca. 90 Prozent aller Start-ups innerhalb der ersten fünf Jahre scheitern oder tradierte Unternehmen sich schwertun, Beschäftigte mit Start-up-Mentalität nicht als Störer eingespielter Routinen zu empfinden, sondern zu wertschätzen.
Der überwältigende Erfolg einiger Vorzeigeunternehmen taugt daher nur begrenzt als strategische Handlungsanleitung für das eigene Unternehmen – egal, was Bestsellerautoren behaupten. Dieses sogenannte „Lernen aus zweiter Hand“ (James G. March) vermittelt eine verkürzte Sicht auf die Erfolgsgeschichte dieser Unternehmen.[1] Es ist eine Sicht, die das Ausmaß riskanten Verhaltens nicht erkennt und günstige Umstände nicht zubilligt. Das blinde Folgen dieser Erfolgsstrategien verführt eventuell zur Übernahme unnötig riskanter Praktiken.
Unternehmen kommen also nicht umhin, ihre eigene Lernerfahrung auf der Suche nach zukunftsfähigen Innovationen zu machen – und dabei Lehrgeld zu zahlen. Ein Blick auf die Erkenntnisse der Management- und Organisationsforschung zum Thema kann helfen, den Preis für die Lernerfahrung zu begrenzen.
Eine radikale Antwort auf die Frage, wie das Verhältnis eines etablierten Unternehmens zu Innovationen zu gestalten sei, hat Clayton Christensen in seinem „Innovators Dilemma“ gegeben.[2] Aus seiner Sicht sind erfolgreiche Unternehmen so sehr auf ihr profitables Kerngeschäft fokussiert, dass sie nicht bereit sind, Ressourcen für einen kleinen Markt mit ungewissen Erfolgsaussichten zur Verfügung zu stellen. Auch eignen sich deren traditionelle Planungstechniken nicht zur Analyse neuer Märkte, und generell ist die etablierte Kultur zu schwerfällig und nur kaum veränderbar. Daher liegt die Lösung in der Schaffung von vollkommen unabhängigen Organisationseinheiten, weit entfernt vom Mutterunternehmen, mit eigener Kultur, eigenen Ressourcen, eigenen KPIs und klein genug, um sich auch über kleine Erfolge freuen zu können.
Das klingt vernünftig, wie wohl jeder, der einmal versucht hat in einem tradierten Unternehmen eine neue oder ungewöhnliche Idee umzusetzen, bestätigen wird. Die Trennung des Innovationszentrums von der Mutterorganisation hat jedoch den Nachteil, dass organisationales Lernen in beiden Organisationseinheiten vermieden wird. Die uneingeschränkt positive Umgebung für Innovationen wird außerdem erkauft mit dem Risiko, die Innovation später nicht mehr in die Mutterorganisation integrieren zu können. Je mehr die innovative Idee das Kerngeschäft des Unternehmens betrifft, desto weniger akzeptabel erscheint ein solches Risiko.
Lesen Sie nächste Woche über weniger radikale Möglichkeiten, Innovationen und etabliertes Geschäft zu betreiben.
Alle Artikel aus der Serie Start-up finden Sie hier:
#1: Start-up, fertig, los? (Teil 1)
#2: Start-up, fertig, los? (Teil 2)
Quellen
[1] March, J. G. (2010). The Ambiguities of Experience.
[2] Christensen, C. M. (2013). The innovator’s dilemma: when new technologies cause great firms to fail.