Ebenerdige Zugänge, Aufzüge, schwellenlose Türen und Rampen zur Überwindung von Unebenheiten: Während die Umsetzung einer physischen barrierefreien Umwelt in der Gestaltung des öffentlichen Raums bereits zum allgemeinen Verständnis gehört und ein immer stärkeres Bewusstsein für gelebte Barrierefreiheit existiert, muss dieses Bewusstsein im Kontext der digitalen Arbeitswelt erst noch in der Gesellschaft verankert werden. Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor ist dabei nicht nur eine Frage der Fürsorge, sondern ein grundlegendes Menschenrecht. In einer Gesellschaft, die sich zunehmend für Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe einsetzt, ist die Gewährleistung von Barrierefreiheit unerlässlich. Inzwischen auch gesetzlich verankert, steht Barrierefreiheit im Zentrum eines gesellschaftlichen Wandels, der darauf abzielt, allen Bürgern gleiche Chancen und Rechte zu gewähren. Es ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch ein Akt sozialer Verantwortung, Dienstleistungen und Arbeitsumfelder zugänglich zu machen.

Barrierefreiheit in Behörden: Der praktische Ansatz

Während einige Behörden bereits beachtliche Fortschritte erzielt haben, die Barrierefreiheit hier längst Einzug in die tagtäglichen Arbeitsweisen gefunden hat, befinden sich andere Organisationen am Anfang eines längerfristigen Umstellungsprozesses. Entscheidend dabei ist der Umgang mit der spezifischen Zielsetzung. Einige Behörden fokussieren sich auf vollständige Barrierefreiheit im externen Schriftverkehr mit den Bürger:innen und stellen zusätzlich interne Prozesse wie beispielsweise das Vorlagewesen auf Barrierefreiheit um. Andere Organisationen wählen einen anderen Ansatz und stellen ihre Prozesse und Vorgehensweisen ganzheitlich um.

Barrierefreiheit ist jedoch stets in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung von entscheidender Bedeutung. Von der Bereitstellung barrierefreier Formulare und Dokumente über ein barrierefreies Intranet, um Informationen intern zugänglich zu machen und der Bereitstellung notwendiger Anwendungen für den Arbeitsalltag, bis hin zur Gestaltung digitaler Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, muss Barrierefreiheit integraler Bestandteil des täglichen Arbeitsprozesses sein. Barrierefreie Online-Formulare für Anträge oder Informationen in leicht zugänglichen und Screenreader-fähigen Formaten für Menschen mit Sehbehinderungen zeigen, dass durch gezielte Maßnahmen schnell positive Veränderungen erzielt werden können.

Barrierefreiheit in Projekten: Ein Blick auf die Softwareentwicklung

Bei der Entwicklung von Software und Webanwendungen sind Überlegungen zur Barrierefreiheit von entscheidender Bedeutung. Oftmals wird jedoch dieser Aspekt erst sehr spät oder unzureichend berücksichtigt und soll dann im Nachgang umgesetzt werden, was i.d.R. mit erheblichen Aufwänden verbunden ist. Idealerweise sollten Standards der Barrierefreiheit bereits zu Beginn der Konzeption eines Projekts integriert werden, um zusätzlichen Aufwand und Kosten im Nachhinein zu vermeiden.

Dies erfordert eine Sensibilisierung des gesamten Entwicklungsteams und der Auftraggeber sowie eine angepasste Analyse in der Aufnahme der Anforderungen und Bedürfnisse der Nutzer. Oftmals ist der Benutzerkreis der Anwender nicht direkt betroffen und hat dementsprechend nur wenig Berührungspunkte mit den Kriterien der Barrierefreiheit. Daher ist das Einbinden von Betroffenen oder Beauftragten für Barrierefreiheit während des gesamten Entwicklungsprozesses eine sehr wichtige Ergänzung, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse aller Nutzer angemessen beachtet und berücksichtigt werden. Hierbei können Workshops, Schulungen und die Suche des gemeinsamen Austauschs helfen Erwartungen abzugleichen, über die rechtlichen Vorgaben zu informieren und auf die gegebenenfalls weiter bestehenden vorhandenen Hürden im Alltag aufmerksam zu machen.

In der Umsetzung selbst sind frühzeitige iterative Tests und Überprüfungen auf Barrierefreiheit unerlässlich, um sicherzustellen, dass die entwickelten Produkte den aktuellen Vorschriften entsprechen und für alle zugänglich sind. Hierbei gibt es die Möglichkeit fest definierte Testprotokolle zum Einsatz zu bringen, die insbesondere bei erstmaligem Vorgehen die nötige Sicherheit bringen. Ebenfalls ist das direkte Feedback Betroffener und Beauftragter einer der wichtigsten Indikatoren darüber, ob die Umsetzungen neben den gesetzlichen Vorgaben auch die Bedürfnisse aller Nutzer angemessen berücksichtigt und dabei auch praktikabel sind.

Vorschläge zum Umgang mit Barrierefreiheit

Um die Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor weiter zu verbessern, sollten proaktiv Maßnahmen ergriffen werden. Anhand der folgenden Schritte liefern wir einfach umzusetzende Vorschläge:

  1. Bewusstsein für rechtliche Vorgaben frühzeitig schaffen
    Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Inhalte der geltenden Vorschriften und Verordnungen zur Barrierefreiheit kennen. Dies kann durch Schulungen, Informationsmaterialien und regelmäßige Updates erreicht werden. Die Belegschaft sollte verstehen, warum Barrierefreiheit wichtig ist. Die Kommunikation von Motivation und Hintergrundinformationen kann dazu beitragen, die Unterstützung aller Beteiligten zu gewinnen.
  2. Ziele und Vorgaben transparent machen
    Im Zuge dessen sollten klare Ziele und Richtlinien zur Barrierefreiheit für alle zugänglich gemacht werden. Dies schafft Klarheit und ermöglicht eine gezielte Beachtung auch in der Diversität der Barrierefreiheit.
  3. Strukturiertes Vorgehen und Nutzung von Frameworks
    Bei der Umsetzung von barrierefreien Lösungen ist ein strukturiertes Vorgehen wichtig. Oftmals ist es dabei nicht notwendig, aufwändige Prozesse und Lösungen selbst zu entwickeln und neu zu konzipieren. Die Nutzung von CGI inclusiveNet, einem barrierefreien Behörden-Intranet, das in vielen Bundesministerien erfolgreich eingesetzt wird und nach aktuellen Standards der Barrierefreiheit und Webentwicklung umgesetzt ist, gewährleistet, dass Barrierefreiheit in allen Einführungsphasen sowie dem Betrieb berücksichtigt wird. Das barrierefreie Behörden-Intranet wurde unter Einbeziehung von Nutzerinnen und Nutzern mit Beeinträchtigung entwickelt und wird so aktuellen Ansprüchen von Barrierefreiheit gerecht.

Für die Implementierung proaktiver Maßnahmen hat CGI in zahlreichen Projekten innerhalb der öffentlichen Verwaltung Erfahrungswerte gesammelt und diese mit Public@Inclusion zu einem in der Praxis erprobten Vorgehensmodell inklusive einfach anzuwendender Templates angefertigt. Durch diese Expertise können Barrierefreiheitsvorhaben bewusst, transparent und strukturiert angegangen werden. Zudem dienen diese als Beschleuniger für die Implementierung praxiserprobter Geschäftsstrategien und digitalen Lösungen auf dem Weg zur erfolgreichen Gestaltung einer digitalen und barrierefreien Behörde.

Zusammenfassung

Barrierefreiheit sollte nicht als rechtliche Verpflichtung oder Bürde für die Mitarbeiter gesehen werden, sondern vielmehr als ein Teil der modernen strukturierten Arbeitsweise. Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor ist dabei eine der Grundvoraussetzungen für eine inklusive Gesellschaft. Zentral zu berücksichtigen ist dabei, dass barrierefreie Angebote und Arbeitsweisen einen wichtigen Beitrag zur sozialen Teilhabe aller Bürger und Mitarbeitenden leisten und Räume schaffen, in denen jeder willkommen ist und gleichberechtigt teilhaben kann. Durch die Schaffung (digitaler) barrierefrei zugänglicher Umgebungen und Dienstleistungen wird sichergestellt, dass alle gleichermaßen von den Leistungen des öffentlichen Sektors profitieren und auch in diesem mitwirken können. Es liegt an uns allen, die Herausforderungen anzunehmen, gemeinsam an einer inklusiven Zukunft zu arbeiten und die öffentliche Verwaltung in Deutschland zu einem Vorreiter der modernen und inklusiven Arbeitswelt zu machen.

Über diesen Autor

Lars Fügemann, CGI

Lars Fügemann

Lars Fügemann arbeitet seit 2022 bei CGI. Seitdem hat er verschiedene Erfahrungen in Projekttätigkeiten als Product Owner und Projektmanager im Public Sector gesammelt.