Prof. Markus Kaiser

Markus Kaiser

Director Consulting

Der Journalismus setzt seit Jahrzehnten durch die Darstellungsform Reportage auf Storytelling. Auch in der Werbebranche werden immer öfter Geschichten erzählt, statt lediglich Produkte anzupreisen. Diesen Trend zu Storytelling greifen auch Change-Managerinnen und -Manager auf, um ihre Kommunikationsmaßnahmen erfolgreicher zu gestalten.

Über nichts lesen Menschen so gerne wie über andere Menschen. Das kann die klassische Heldenreise sein oder die Suche nach etwas, wie bei „Findet Nemo“ – das Pendant in der IT-Branche wären etwa Entwicklerinnen und Entwickler, die neue Apps bauen, um den Arbeitsalltag zu erleichtern. In anderen Geschichten geht es darum, das Böse zu überwinden, wie bei „Harry Potter“ – man denke an Spezialistinnen und Spezialisten, die neue Lösungen gegen Cybercrime suchen.  Sehr eingängig ist auch die Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär – oder von der Auszubildenden zur Bereichsleiterin.  Kurzum: Geschichten bleiben im Gedächtnis deutlich besser haften als Fakten und Zahlen. Gerade um Veränderungsprozesse zu kommunizieren oder den Kulturwandel in einem Unternehmen oder einer Behörde zu unterstützen, eignet sich daher der Einsatz von Storytelling.

Schließlich können durch eine Geschichte auch komplizierte Sachverhalte und Informationen einfach dargestellt werden. Die Erzählung bleibt nicht nur länger präsent; sie berührt auch. Für Mitarbeitende ist es oft außerdem möglich, sich mit der Protagonistin oder dem Protagonisten der Geschichte zu identifizieren und damit die Veränderung stärker nachvollziehen zu können. Daher wird in Change-Projekten häufig eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter als Protagonistin und Protagonisten ausgewählt. Insbesondere bei charismatischen Führungspersönlichkeiten, die ein hohes Ansehen bei der Belegschaft genießen, ist es aber auch möglich, einen CEO, eine Bereichsleiterin oder im Public Sector den Amtschef zu wählen. Der frühere Apple-Chef Steve Jobs war ein Paradebeispiel für diesen Typus an Hauptfigur.

Das A und O: Authentische Geschichten recherchieren

Für uns bei CGI ist es in unseren Kundenprojekten wichtig, eine authentische Geschichte herauszuarbeiten. Fiktion kommt in der Veränderungskommunikation nicht gut an und kann nicht nur dem Change-Manager am Ende auf die Füße fallen. Wenn schon eine Figur erfunden wird, muss dies im Text in jedem Fall transparent gemacht werden. Da Fiktion aber eher die Ausnahme ist, ist Storytelling mit hohem Aufwand verbunden – schließlich muss wie im Journalismus eine Geschichte recherchiert werden. Die Geschichte kann dann sowohl in Texten im Intranet oder in einem internen Magazin als auch verbal in Personalversammlungen, Workshops oder firmeneigenen Podcasts erzählt werden.

Wir setzen Storytelling beispielsweise in einer großen deutschen Stadtverwaltung ein, um bei den Mitarbeitenden Bewusstsein für New-Work-Arbeitsweisen zu schaffen. Die Geschichte, wie zwei Mitarbeitende ihren Alltag neu gestalten, zusammenarbeiten, mit ihrem Arbeitsumfeld zufriedener sind und welche positiven Auswirkungen es auf ihr Privatleben hat, wird im Intranet genauso erzählt wie in Interviewform in einer Online-Veranstaltung für alle Mitarbeitenden. Damit die Geschichte authentisch bleibt, dürfen auch kritische Punkte angesprochen werden. Der Change-Manager hat aber natürlich in der Hand, wen er für seine Erzählung auswählt. Dies kann je nach Zielsetzung unterschiedlich sein. Manchmal ist es sogar effektiver, jemanden als Protagonisten zu wählen, der anfangs selbst gegen die Veränderung opponiert hatte, statt einen für Innovationen aufgeschlossenen Mitarbeiter. Damit wird die Glaubwürdigkeit drastisch erhöht.

Change-Storys sind heute aufwändiger – und haben mehr Wirkung

Die Qualität von Change-Storys ist in den vergangenen Jahren immens angestiegen, da der Einfluss der Kommunikationswissenschaft innerhalb der Disziplin Change Management enorm gewachsen ist. Wir beschäftigen beispielsweise mehrere Journalistinnen und Journalisten in diesem Bereich. Ursprünglich war eine Change-Story oftmals nur eine einfache Erzählung über den Anlass, Grund, Nutzen und die Umsetzung eines Veränderungsprojekts oder den gewünschten Kulturwandel. Sie sollte helfen zu begründen, warum der Wandel notwendig war.

Heute wird die Story personalisiert dargestellt, auch mit den Protagonistinnen und Protagonisten in Form von Bildergalerien oder Videos visualisiert. Der Aufwand ist zwar deutlich gestiegen, die Wirkung jedoch auch. Im Beispiel des New-Work-Projekts in einer großen Stadtverwaltung haben wir beispielsweise aus zwei Pilotteams zwei Mitarbeitende ausgewählt, die die künftig von der Veränderung betroffenen Mitarbeitenden in multimedialen Formaten auf die neuen Arbeitsweisen einstimmen. Sie wirken auf Augenhöhe und sprechen die Sprache ihrer Kolleginnen und Kollegen.

Eine Geschichte wie diese benötigt immer eine Kernbotschaft und idealerweise auch eine Dramaturgie, die nicht erfunden wurde. Ist diese vorhanden, kann Storytelling nicht nur im Change Management, sondern auch in Feldern wie Content Marketing, Corporate Social Responsibility oder bei Produktpräsentationen die Kommunikation effektiver, glaubwürdiger und nachhaltiger gestalten. Diese Rückmeldung haben wir im Rahmen unserer Change-Management-Kundenprojekte erhalten. Dabei muss es noch nicht einmal so weit gehen, wie Roman-Autor Thomas Pyczak sagt: „Eine Story ist eine Reise, die den Zuhörer bewegt. Ist sie gut, verändert sie Überzeugungen. Ist sie großartig, veranlasst sie den Zuhörer, etwas zu tun. Ist sie genial, bringt sie die Zuhörer dazu, die Welt zu verändern.“

Über diesen Autor

Prof. Markus Kaiser

Markus Kaiser

Director Consulting

Als Director Consultant berät Markus Kaiser seine Kunden bei den öffentlichen Verwaltungsorganisationen und im Media Bereich mit den Schwerpunkten Change Management, Kommunikation, Social Media, Innovationsmanagement und Leadership. Sein Spezialgebiet ist Change Leadership.