Die notwendigen technischen und operativen Tools für die digitale Transformation von Unternehmen stehen bereit. Doch zu einer erfolgreichen Digitalisierung gehört unabdingbar noch ein weiterer wichtiger Faktor: der Mensch.
In den letzten Jahren wurden erhebliche Mittel in die digitale Transformation investiert und vielerorts komplett neue, umfassende Fachabteilungen geschaffen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Laut der jüngsten jährlich durchgeführten globalen Kundenumfrage des IT-Dienstleisters CGI liegt die Erfolgsquote je nach Zielgruppe und Methodik meist im Bereich zwischen 10 und 20 Prozent. Das ist eine sehr magere Bilanz. Die technischen und operativen Voraussetzungen waren schließlich gegeben. An den monetären Mitteln hat es ebenfalls nicht gefehlt. Was also ist die Ursache dafür, dass trotz massiver Investitionen so wenig erreicht wurde?
Die Fahrpläne zur Unternehmensmodernisierung umfassen vielseitige rationale Methoden, die vom Austausch von IT-Systemen und Tools bis hin zu Veränderungen operativer Prozesse wie internen Strukturen, Workflows und Zuständigkeiten reichen. Hier spielen natürlich viele Faktoren eine Rolle, die zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen können: angefangen von der mangelnden Einbindung in die Konzernwirklichkeit, zu hoch gesteckten Zielen und fehlendem Kundenbezug bis hin zu unzureichendem Portfolio-Management. Jedes Unternehmen hat hier seine eigene Geschichte.
Ein Thema aber zieht sich wie ein roter Faden durch die Thematik: der Faktor Mensch. Denn eine Transformation funktioniert nicht, wenn die Menschen, die diese Organisation bilden, das neue System nicht verstehen, nicht befürworten oder nicht umsetzen können. CGI hat in Kooperation mit erfolgreichen Digital Leadern aus einer Vielzahl von Branchen untersucht, warum manche Projekte gelingen, während andere scheitern. Der Faktor Mensch, also die Vernetzung der verschiedenen Akteure, ihr Commitment sowie Verständnis und Vertrauen waren die zentralen Themen, die den Unterschied zwischen Misserfolg und Erfolg ausmachten.
Die Spielregeln ändern sich
Bei der digitalen Transformation ändern sich die Spielregeln für alle. So definieren sich Führungsqualitäten nicht mehr, wie in hierarchischen Organisationen üblich, über die Fähigkeit zur zentralen Steuerung definierter und zugeteilter Aufgaben in festen Abteilungsstrukturen. Gefragt sind vielmehr echte Leader, die packende Visionen entwickeln, klare Ziele vorgeben und den Mitarbeitern dabei gleichzeitig so viel Freiheit lassen, dass deren intrinsische Motivation erhalten bleibt. Wirkungsvolle Unterstützungsstrukturen aufzubauen, ist nun das Gebot der Stunde. Dies gelingt z. B. mit Coaching- und Empowerment-Programmen. Auf der anderen Seite ist es essentiell, dass die Mitarbeiter die neue Freiheit annehmen und verantwortungsvoll damit umgehen. All dies muss glücken, ohne dabei den Fokus aus den Augen zu verlieren: Nämlich die Erreichung unternehmerischer Ziele im Sinne der Wirtschaftlichkeit.
Um den Veränderungsprozess aktiv voranzutreiben, müssen digitale Führungskräfte Wissenstransfer und Entscheidungsbefugnisse dezentralisieren, eine konstruktive Fehlerkultur etablieren und Mitarbeitern mehr vertrauen. Die Einführung von Kollaborations-Tools schafft Offenheit und Transparenz. Mit der Bildung von Fach- oder Expertengruppen können Informationen geteilt und gemeinsame Ziele besser verfolgt werden. Dieser Prozess ist Change Management vom Feinsten.
Balance of Power im digitalen Zeitalter
Wir verstehen unsere Hilfestellung zur Veränderung als ein enges Zusammenspiel von Change Management und Change Leadership. Ersteres sorgt zunächst für die zentralen Wandelstrukturen und beinhaltet Kommunikationsstrategien, Trainings und vieles mehr. Change Leadership hingegen ist der noch ausschlaggebendere Faktor. Dieser wird erst dann gelebt, wenn jede Führungskraft ihre Rolle als Leader im Wandel aktiv wahrnimmt. Dies wird gern übersehen.
Aus der Beratersicht von CGI ist es entscheidend, die Führungskräfte auf ihre eminent wichtige Rolle im Veränderungsprozess vorzubereiten. Dabei hilft auch der Ansatz der Change Intelligence von Dr. Barbara Trautlein, die sich wissenschaftlich mit den unterschiedlichen Führungsstilen im Wandel befasst hat. Hier geht es um die richtige Balance zwischen Hearts, Heads und Hands. Sie ergibt sich aus der emotionalen Bindung der Mitarbeiter (Heart), ihrem durchgängigen Verständnis für das angestrebte Ziel (Head) und einem konsequenten Projektmanagement mit klaren Strukturen und vernünftigen KPIs sowie dem planvollen Aufbau der neuen Strukturen auf allen Ebenen (Hands). Um dies in der Praxis umsetzen zu können, braucht es ein erfahrenes Führungsteam mit klarer Vision, Zielen und Richtlinien sowie Leidenschaft zu deren Umsetzung. Dabei sollten die Ziele realistisch und greifbar sein, weil sonst schnell Frust und Reibungsverluste entstehen. Um das Vertrauen zu stärken und Widerstände abzufedern, müssen die Mitarbeiter von Anfang an in die Veränderungsprozesse eingebunden werden. Dies gelingt durch offene Kommunikation, sprich ehrliches Feedback, flache Hierarchien und Austausch auf Augenhöhe. Zusätzlich brauchen Teams die Freiheit, die Umsetzung klar definierter Ziele eigenständig bestimmen zu dürfen. Das erfordert auch ein realistisches Zeit-Management.
„Es ist verständlich, dass die Verankerung dieser Change-Management-Ansätze in die DNA eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter nicht von heute auf morgen passieren kann“, erklärt Andrea Schmitz, Vice President Consulting Services bei CGI in Deutschland. „Aber man kann es erlernen und jeder erfolgreiche Change macht die Organisation insgesamt resilienter und damit zukunftsfester. Dadurch lässt sich auch die Erfolgsquote digitaler Transformationsprozesse, wie sie umso mehr in Krisenzeiten benötigt werden, signifikant steigern“.