Philipp Küpper

Philipp Küpper

Senior Consultant

Berufseinsteiger, Jungunternehmer oder auch Immigranten – wie kreditwürdig sind sie? Traditionelle Kreditscoring-Modelle müssen hier versagen, da die genannten Gruppen ja noch keine Historie in puncto Kreditwürdigkeit nachweisen können. Doch was tun? Denn Banken oder andere Kreditgeber verpassen hier womöglich eine lukrative Chance, neue Kundengruppen zu erschließen. Gefragt sind alternative Kreditscoring-Modelle. Denn diese können auch bei der Erfassung und Bewertung bestehender Kreditnehmergruppen einen Mehrwert bieten, indem sie etwa Kreditausfallwahrscheinlichkeiten genauer einschätzen. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist hierfür in beiden Fällen die Einbindung von Predictive Data Analytics innerhalb des Kreditscoring-Modells.

Damit ergibt sich nicht nur die Möglichkeit, Kreditscorings auf Basis von detaillierten personenbezogenen Daten (z.B. Transaktionsdaten, Nutzerverhaltensdaten, Social Media etc.) zu stützen und zu optimieren. Die Kreditvergabe kann fortan auch auf weitere Kundengruppen ausgedehnt werden, von denen bisher keine umfassenden Daten für eine belastbare Bonitätsprüfung zugänglich waren – denn einen digitalen Fußabdruck hinterlassen diese zumeist schon. Begünstigt wird dies zudem durch die zunehmende Akzeptanz von Verbrauchern, persönliche Daten preiszugeben, um das beste und individualisierteste Angebot zu erhalten.

Die Vorteile alternativer Modelle

Neben den offensichtlichen Vorteilen für Banken und andere Kreditgeber kann die Ausweitung der Kreditvergabe auch sozio-ökonomische Folgen haben und dazu dienen, kleinere Märkte zu revolutionieren, die zuvor unter einem stark limitierten Zugang zu Fremdkapital litten. Zudem stärkt es die sozialen Integrationsmöglichkeiten für zuvor finanziell ausgeschlossene Gesellschaftsgruppen. Aber auch etablierte und finanzstarke Märkte mit Verbrauchern, die einen uneingeschränkten Zugang zu Finanzdienstleistungen haben und bestehende Risikoprofile aufweisen, können profitieren. Faktoren wie das alltägliche Kaufverhalten oder die pünktliche Bezahlung von Rechnungen können beispielsweise mit in die Scores einfließen und diese verbessern.

Vollständig digitalisierte und schnellere Genehmigungsprozesse, die durch die Verwendung alternativer Daten ermöglicht werden, bedeuten zugleich eine reibungslosere, rationalisierte Benutzererfahrung für die Kunden. Dass ein solches alternatives Risikoscoring funktionieren kann, haben bereits die beiden Start-ups Lenddo und InVenture bewiesen. Ihnen ist es gelungen, in Entwicklungsländern mittels ihrer Scoringmodelle einen Milliardenmarkt zu erschließen und zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor zu werden. So können beispielsweise Kleinunternehmer Kredite erhalten, die ihnen Investitionen und Geschäftstätigkeiten ermöglichen, was wiederum den gesellschaftlichen Wohlstand erhöht.

Aus der Perspektive der Kreditgeber erscheint dies vor allem deshalb sehr attraktiv, weil der Detailgrad der Risikoprofile potenzieller Kunden um ein Vielfaches erhöht wird. Damit steigt auch die Vorhersagbarkeit möglicher Kreditausfälle, was wiederum im Falle einer positiven Prüfung inklusive Kreditvergabeangebot maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des Darlehenszinses hat. Zudem ist auch der positive Effekt der Kundenbindung durch ein solches alternatives Scoring-Modell nicht zu vernachlässigen, wenn z.B. ein Schuldner durch die eigene Datenbereitstellung positiven Einfluss auf sein Risikoprofil nehmen kann. Dies in Kombination mit einem flexiblen (risiko-korrelierenden) Zins würde zudem weitere Anreize schaffen, das Verhalten des Schuldners in die gewünschten Bahnen des Gläubigers zu lenken. 

Transaktionsdaten dank PSD2

PSD2 macht es möglich, Kreditscoring-Modelle gezielt mit Transaktionsdaten aus externen Datenquellen zu bespeisen. Es eröffnen sich infolgedessen zahlreiche neue Möglichkeiten, alternative Scores auf Basis von Big Data zu generieren. Dabei bleibt es jedoch wie so oft bei datengetriebenen Anwendungsfällen dabei, dass Daten allein durchaus einen wertschöpfenden Charakter besitzen mögen. So richtig genutzt werden kann er allerdings erst durch die zielgerichteten Analysen, Interpretationen und Ableitungen von zusammenhängenden und sich gegenseitig bedingenden Erkenntnissen.

Transaktionsdaten sind bei der Kreditwürdigkeitsprüfung besonders vorteilhaft, da sie nicht nur grundlegende Informationen verifizieren können, die bei AML und KYC helfen. Sie nehmen den Kunden auch die lästige persönliche Auskunftsdokumentation ab, da diese über externe Schnittstellen (APIs) automatisiert abgerufen werden können. Zudem liefern sie der kreditvergebenden Partei eine umfangreiche Bestandsaufnahme des potenziellen Schuldners und seines Finanzverhaltens.

Ergänzend hierzu können Transaktionsdaten mittels relationaler Verhaltensdaten verfeinert werden, um Verhaltenstrends bei den Kunden zu veranschaulichen und Verhaltensänderungen zu erkennen. Das kann wiederum direkt in die Risikobewertung einfließen. Eine mögliche Folge wäre ein nahezu echtzeit-basiertes Risikomonitoring, einhergehend mit maximaler Risikomitigation aus Sicht des Kreditgebers hinsichtlich möglicher Kreditausfälle.

Die Zukunft liegt in den Transaktionsdaten

Mit Entwicklungen in Bereichen wie Machine Learning und der Umsetzung von Vorschriften wie der PSD2 ist es einfacher denn je, Transaktionsdaten für die Erstellung kundenorientierterer Produkte und Angebote zu nutzen. Demgegenüber stehen allerdings auch Herausforderungen wie die GDPR, die einen sicheren und vertrauensvollen Umgang mit den genutzten Daten einfordert. In Summe führt dies letztendlich dazu, dass nicht nur die Anforderungen der bestehenden Kunden, sondern auch die einer neuen Kundengruppe erfüllt werden können – unter Beachtung aller notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen.

Neue Banking-APIs, die durch die PSD2 erforderlich sind, werden dabei die Verfügbarkeit, den Austausch und die Struktur der Daten verbessern, was grundlegend für eine nachfolgende Automatisierung künftiger Kreditprüfungsabläufe ist. Gemessen an der Masse an Daten, die Banken und anderen Kreditgebern zur Verfügung stehen, ist es nur eine logische Konsequenz, diese auch in ihren Kreditscoring-Modellen zu berücksichtigen. Der Aspekt der Datenmacht lässt allerdings auch neue, branchenfremde Wettbewerber wie Technologie- und e-Commerce-Unternehmen auf den Plan treten. Daher wird es mit der zunehmenden Verbreitung von FinTechs und reinen Online-Banken für etablierte Akteure wichtiger denn je, kreditwürdige Personen zu finden, die von den traditionellen Modellen bisher übersehen werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Transaktionsdaten die Vorhersagegenauigkeit erhöhen können, das Risiko reduzieren und die Effizienz der Entscheidungsfindung verbessern, was letztendlich zu einer Verbesserung des Endergebnisses führt. Transaktionsdaten bieten zudem neue Möglichkeiten, um zielgerichtete Services anzubieten, die den Bedürfnissen der Verbraucher entsprechen. Mit dem Fortschreiten der alternativen Kreditwürdigkeitsprüfung kann die Fähigkeit, das Risiko eines Kreditnehmers genau einzuschätzen, eine Feedback-Schleife schaffen, in der die Modelle im Laufe der Zeit immer besser werden und immer mehr Menschen Kredite erhalten – bei geringstmöglicher Risikoexposition.

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Über diesen Autor

Philipp Küpper

Philipp Küpper

Senior Consultant

Philipp Küpper ist Senior Consultant im Bereich Financial Services mit den Schwerpunkten Digital Transformation und Data Analytics. Mit seiner Expertise und Erfahrung verbindet er Theorie und Praxis, was er bereits in verschiedenen Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten unter Beweis gestellt hat. In seinen Rollen als Business ...