CGI Member Louis Schneider

Louis Schneider

Senior Consultant

Zwei Jahre ist es nun schon her, dass die neue EU-Richtlinie PSD2 (Payment Services Directive 2) in Kraft getreten ist. PSD2 und darauf basierende RTS (Regulatory Technical Standards) sehen vor, dass Banken den Drittanbietern über eine Programmierschnittstelle (XS2A-API) Zugang zu Konten gewähren, sofern der Kunde dies ausdrücklich autorisiert. Das Ziel: Innovation sowie Wettbewerb zu fördern und die Sicherheit im Zahlungsverkehr zu erhöhen. Die Verbraucher profitieren dabei von integrierten Finanzprozessen. In Deutschland ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen. Die Zeit drängt.

Die Sondersituation in Deutschland – Kompromiss der BaFin läuft bald ab

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gewährte allen Beteiligten in Deutschland einen zeitlichen Aufschub für die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur. Wie auf der BaFin-Webseite zu sehen ist, haben - Stand heute - nur wenige Banken alle RTS-Anforderungen an die Schnittstellen erfüllt, um damit die erforderliche Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA sprach kürzlich ein Machtwort. Sie forderte die nationalen Aufsichtsbehörden auf, härter gegen Banken vorzugehen, die den Zugriff auf Konten weiterhin einschränken. Im Vorteil sind jetzt Banken, die von Beginn an auf eine enge Zusammenarbeit mit Verbänden, Behörden und Drittanbietern gesetzt haben. Alle anderen müssen in kürzester Zeit nachziehen.

Das Rennen mit den Drittanbietern

Die Drittanbieter geben Gas und überraschen mit immer neuen Services. Dreh- und Angelpunkt sind Open-Banking-Plattformen, die alle APIs anschließen und anderen Drittanbietern eine einheitliche Schnittstelle bereitstellen, mit der sie ihre Services reibungslos integrieren können. Berühmte Beispiele sind Tink, Klarna oder die Schufa-Tochter finAPI. Manche stellen sogar ihre eigenen Lizenzen als „PSD2 Third Party Provider“ zur Verfügung, um weiteren Unternehmen den Markteintritt zu ermöglichen.

Es entstehen immer mehr integrierte Finanzdienstleistungen. Wer ein neues Auto kauft, kann auf der Onlineplattform gleich auch einen Sofortkredit abschließen, weil die erforderlichen Informationen wie Bonität und Einkommen über sein Konto eingeholt werden. Dank Instant Payments – wozu CGI eine eigene Lösung anbietet – kann dieser Kredit nicht nur in Echtzeit genehmigt, sondern auch direkt ausgezahlt werden.

Kunden erwarten, dass sie alle Innovationen, die der Markt bietet, nutzen können – ob bei ihrer gewohnten Hausbank oder einem neuen Anbieter. Durch die zunehmende reibungslose Integration verlieren sie das Bewusstsein, bei welchem Anbieter sie gerade sind. Aktuell können Banken noch von ihrem Vertrauensvorsprung zehren. Doch das Beispiel Klarna zeigt, dass TTPs in der Lage sind, sich schnell als ebenso verlässlich zu etablieren.

Neue Chancen für die Banken

Über das nötige Fundament verfügen die Banken in der Regel: Es gibt API-Developer-Portale und agile Entwicklungsteams; separate Abteilungen wurden gegründet und Verantwortliche für PSD2 und Open Banking gefunden. Hierauf muss jetzt aufgesetzt werden. Die Ertragsquellen, die sich traditionelle Banken jetzt erschließen können, sind vielfältig und müssen in eine umfassende Strategie eingebettet werden. Ganz entscheidend ist dabei, dass sich Banken ab sofort als Teil eines stark vernetzten Ökosystems verstehen.

Zu den Pionieren im Open-Banking-Bereich zählen die Deutsche Bank1, die noch vor Einführung der PSD2 ein API-Programm gründete und mit Drittanbietern kooperierte, oder die Commerzbank, die über ein „API Premium Partner Program“ verfügt2. Andere Beispiele sind der „Sparkassen Innovation Hub“3 oder die BNP Paribas, deren Direktbank-Tochter Consorsbank das Trading über eine Drittanbieter-Plattform ermöglicht4. Indem Banken es zulassen, dass Kontos und Depots über Drittanbieter eröffnet oder Kredite abgeschlossen werden, drehen sie das Verhältnis zu den neuen Mitspielern ein Stück weit um: Die Drittanbieter übernehmen den Vertrieb, während die Banken neue Kundensegmente für sich gewinnen.

Ein sehr großes Potenzial liegt auch in der Monetarisierung von Kundendaten: Immer mehr Banken bieten Zusatzservices jenseits ihres klassischen Bankgeschäfts an, indem sie ihren Datenschatz gegenüber Drittanbietern öffnen – beispielsweise, indem sie Informationen für Know-Your-Customer- oder Age-Verification-Prozesse bereitstellen. Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts. Banken müssen es „nur“ geschickt monetarisieren. Die Umsetzung einer möglichst nutzerfreundlichen und einfachen Kundenauthentifizierung kommt den Banken hier zugute: Sie können beispielsweise die implementierten Freigabeprozesse der mobilen Authentifizierungs-Apps für die Premium Services wiederverwenden. Vor allem aber dürfen Banken nicht die Chance verpassen, sich rechtzeitig selbst als Drittanbieter zu positionieren. Die Deutsche Bank zeigt, wie das gelingen kann, und bietet ihren Kunden eine Multibank-Aggregationen mit ausgeklügelten Analysefunktionen.

Noch ist es für Banken nicht zu spät, sich das größte Stück vom Kuchen zu sichern. Das Rennen macht, wer sich erfahrene Unterstützung für die Erarbeitung seiner Open-Banking-Strategie sichert und schnell ein zukunftsfähiges Ökosystem aufbaut, bei dem der Kunde im Mittelpunkt steht.

 


  1. https://www.it-finanzmagazin.de/api-deutsche-bank-schnittstelle-kreditkarten-wertpapier-90661/ - 17.06.2019
    https://www.der-bank-blog.de/open-banking-erfahrungen/digital-banking/37653257/ - 09.04.2019
  2. https://www.it-finanzmagazin.de/commerzbank-api-banking-interview-sebastian-kauck-cluster-lead-90660/ - 17.06.2019

  3. https://www.it-finanzmagazin.de/neue-chefs-des-sparkassen-innovation-hub-milena-rottensteiner-und-janosch-krug-118352/ - 09.03.2021

  4. https://www.guidants.com/de/

     

Über diesen Autor

CGI Member Louis Schneider

Louis Schneider

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Als Business Analyst und Projektleiter unterstützt Louis Schneider CGI Kunden im Banking-Umfeld. Sein Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Themenkomplex Open Banking und PSD2.