Das OZG stellt die Verwaltung vor große Herausforderungen. Eine zögerliche Umsetzung ist aber kaum zu rechtfertigen. Schließlich sind Frontend-Applikationen schnell realisierbar, die den Bürgerservice unmittelbar und nachhaltig verbessern.

Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) verpflichtet Bund und Länder bis Ende 2022 wesentliche Verwaltungsleistungen digital über Verwaltungsportale anzubieten. Bei der Planung und Umsetzung müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden, z.B. Usability und Barrierefreiheit, gesetzliche Fristen, Sicherheitsanforderungen und IT-Rahmenbedingungen.

Dies konfrontiert die Verwaltung mit erheblichen Herausforderungen. Alle Bürgerservices bis Ende 2022 digital anzubieten dürfte eine Wunschvorstellung bleiben. In Resignation zu verfallen ist aber auch keine Alternative. Stattdessen gilt es, unmittelbar zu starten. Dabei sollte mit den Verwaltungsleistungen begonnen werden, die am wichtigsten sind und den Bürgerinnen und Bürgern am meisten zugutekommen. Schließlich geht es im Gesetz um sie und – nicht zu vergessen – auch um Unternehmen.

Für die OZG-Umsetzung ist eine herkömmliche Vorgehensweise bei der Softwareentwicklung nicht unbedingt zielführend. Beim konventionellen Wasserfallmodell werden die Anforderungen bereits in einer längeren Planungsphase möglichst exakt bestimmt. Da dieses Modell aber weder schnell noch flexibel ist, kann nicht kurzfristig auf geänderte Anforderungen reagiert werden, etwa auf neue gesetzliche Vorgaben oder Nutzerfeedback. Um die Entwicklungsdauer zu verkürzen, ist es auch nicht vorgesehen, die Analyse der Anforderungen und die Umsetzung zu parallelisieren.

Der agile Ansatz stellt die Beteiligten mit ihren fachlichen Anforderungen in den Mittelpunkt und liefert frühzeitige Zwischenergebnisse. Hierzu werden agile Projekte in Iterationen von zwei bis vier Wochen strukturiert. Das Ziel einer jeden Iteration ist ein funktionsfähiges Zwischenprodukt, das von Fachanwendern hinsichtlich Feature-Umsetzung getestet wird. So können schnell Fehler behoben oder funktionale Erweiterungen angestoßen werden. Jedes qualitätsgesicherte Zwischenprodukt dient als Planungsgrundlage für die nächste Iteration.

CGI hat hier bereits mit vielen nationalen Bundesministerien und -behörden bei Register- und Anwendungslösungen zusammengearbeitet. Durch parallele Analyse- und Implementierungsphasen wurden Projektlaufzeiten deutlich verkürzt, obwohl sich Rahmenbedingungen teils im Laufe des Projekts änderten. Dieses in Sprints angelegte Vorgehen ermöglichte die Bereitstellung von passgenauen Lösungen.

Ein entscheidender Aspekt bei der OZG-Umsetzung ist die frühzeitige Einbindung von UI-Designern, die bereits beim Backlog-Aufbau die optimale Bedienung einer Anwendung adressieren. Das Frontends sollte stets im Vordergrund stehen, um schnell Ergebnisse zu erzielen, die "den Bürger glücklich machen". Die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse muss somit vor allem aus Sicht der Nutzer erfolgen. Erst danach sollte die Digitalisierung der Backend-Systeme in Angriff genommen werden, etwa mit der Integration von Altsystemen und der Beseitigung von Medienbrüchen.

Voraussetzung für diesen Erfolg ist, dass die Projektteilnehmer ein gemeinsames Ziel vor Augen haben und eine offene Kommunikationskultur leben. Dafür muss auch die Kommunikation innerhalb der Behörde enger werden, gerade auch zwischen IT und Fachbereichen. 

Agile Transformations-Projekte im OZG-Umfeld erfordern unter Umständen auch externe Unterstützung. Basierend auf zahlreichen Erfahrungen auf Bundes- und Landesebene bietet CGI hier umfassende Dienstleistungen an: vom Anforderungs- und Projektmanagement über das Lösungsdesign, die Softwareentwicklung und Implementierung bis hin zum Betrieb.

Bereits heute ist absehbar, dass die Zielvorgabe der geplanten „OZG-Konformität“ bis Ende 2022 nicht vollständig umsetzbar ist. Es ist aber auch kein Grund, Projekte auf die lange Bank zu schieben. Die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger ist schließlich hoch. Folglich sollten Bund sowie Länder ihre Aktivitäten beschleunigen und konkrete Projekte vorantreiben – und damit den Startschuss für eine lange Digitalisierungsreise geben.

 

Autor des Artikels ist Richard Bürmann, Senior Vice President Consulting Services.
Veröffentlichung im Behördenspiegel, Dezember 2021