Thomas Keller, CGI

Thomas Keller

Director Consulting

Wie viel CO2 wird eigentlich durch Barzahlungen freigesetzt? Und wie unterscheidet sich dieser Wert von dem internetbasierter Zahlungen? Unser mehrteiliger Blogbeitrag Sustainable Payments beschreibt die Auswirkungen der von der EU formulierten Umweltziele auf den Bereich Payments: von den CO2-Werten der verschiedenen Bezahlsysteme im vorliegenden Artikel bis zum CO2-Einsparpotenzial durch Request-to-Pay in Artikel 3 bis zu den neuen Anforderungen, die ab 2023 gelten, in Artikel 1.

Bezahlsysteme und ihre Nachhaltigkeit

Die von der Europäischen Union vereinbarten Umweltziele setzen eine hohe Transparenz bezüglich der aktuellen CO2-Emissionen voraus – dies schließt auch den individuellen Zahlungsverkehr in Europa ein. Doch wie lässt sich die Nachhaltigkeit der verschiedenen Bezahlsysteme überhaupt beurteilen? Sicher ist vor allem eines: Der CO2-Fußabdruck hängt maßgeblich von der Infrastruktur ab, die zu ihrer Bereitstellung benötigt wird.

CO2-Werte von Bargeldzahlungen

Das Bargeldsystem ist in Deutschland weiterhin populär1: 66 % aller im Einzelhandel erfassten Zahlungen wurden 2021 noch in bar getätigt – auch wenn dieser Trend rückläufig ist.

Um ein genaueres Bild von den CO2-Emissionen zu erhalten, die im Rahmen von Bargeld-Transaktionen entstehen, befasst sich eine niederländische Studie mit dem Bargeldsystem in den Niederlanden. Dabei berücksichtigt sie zahlreiche Kriterien, die zur Emission von CO2 beitragen wie die Baumwollproduktion für die Geldscheine, das Schürfen der Metalle und die gesamte weitere Wertschöpfung – bis hin zum Transport der Scheine zu den Geldautomaten und deren Betrieb.

Im nächsten Schritt führt die Studie alle ermittelten CO2-Emissionen zusammen. Zum Schluss werden diese dann in Relation zur Gesamtheit der erfassten Bargeld-Transaktionen gesetzt. Im Ergebnis beträgt der Fußabdruck einer Transaktion im betrachteten Währungsraum demnach 4,6g CO2 eq. Die Bedeutung dieses Wertes wird im nachfolgenden Vergleich mit dem Bitcoin-System, Kartenzahlungen und Zahlungen über Paypal deutlich.

CO2-Werte von Zahlungen in Kryptowährung

Kryptowährungen sind ein vergleichsweiser neuer Weg, um Güter und Dienstleistungen zu bezahlen oder Werte aufzubewahren. Sie werden über komplexe Rechenoperationen, dem sogenannten Mining, meist in Rechenzentren berechnet. Der dafür eingesetzte Aufwand steigt proportional zur bisher errechneten Menge an Coins. Ein fester Wert lässt sich also nur für einen bestimmten Zeitpunkt messen. Zur Annäherung an Kryptowährungen wird Bitcoin als bekanntester Repräsentant von Kryptowährungen herangezogen.

In einer Studie weisen Expertinnen und Experten der niederländischen Zentralbank bei einem relativ konstanten Mix von nachhaltigen und fossilen Energiequellen bereits für 2020 eine Emission von 402 kg CO22 je Bitcoin-Transaktion aus. Dies entspricht 60 % der CO2-Emissionen, die eine in Deutschland lebende Person monatlich produziert3. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass neuere Technologien wie das Lightning Network mehr Gewicht auf Transaktionsgeschwindigkeit und reduzierte Rechenoperationen legen. Das Lightning Network verspricht damit auch eine Reduktion des überproportional hohen Energieverbrauchs von herkömmlichen Bitcoin-Transaktionen4.

CO2-Werte von Kartenzahlungen

Bargeldlos werden auch die Zahlungen mit Karten getätigt. Da sie aus Plastik bestehen und über ein durchschnittliches Gewicht von ca. 5 g verfügen, werden für die weltweite Massenproduktion die entsprechenden Ressourcen aufgewendet. Auch die benötigte Infrastruktur ist vergleichsweise groß: Nimmt man als Beispiel eine Kreditkartenzahlung, so sind am Vorgang die kartenausgebende Bank (Issuer), die Händlerbanken (Acquirer), die Kartenschemes (z. B. VISA, Mastercard) und weitere Dienstleister (Processing, Routing, Fraud, Terminal) beteiligt. Zieht man den Betrieb dieser Infrastruktur ebenfalls mit ins Kalkül, so lässt sich einer Studie der Universität Maastricht zufolge ein Emissionswert von 3,78 g CO2 eq5 berechnen.

CO2-Werte von internetbasierten Zahlungen

Bei den rein internetbasierten Zahlverfahren nimmt Paypal eine dominierende Stellung ein. Sowohl auf Händler- als auch auf Endkundenseite werden die Zahlungen durch die eigene Plattform von Paypal veranlasst. Im Vergleich zu Kartenzahlungen mit ihrer Vielzahl von involvierten Parteien wie Acquirer, Kartenscheme oder Issuer ist daher nur eine Partei erforderlich, um eine Zahlung zu ermöglichen.

Dies beeinflusst laut des von Paypal selbst veröffentlichten Nachhaltigkeitsreportings die CO2-Emissionen einer Transaktion entsprechend positiv: Lediglich 0,7 g CO2 eq je Transaktion weist Paypal in der eigenen Nachhaltigkeitsbilanz6 aus; dieser Wert wird allerdings nicht durch unabhängige Drittstudien validiert. Dennoch ist er im Vergleich zu den übrigen Zahlungssysteme deutlich niedriger, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass Paypal den gesamten Zahlvorgang „end-to-end“ auf einer Plattform abwickelt.

Klimaneutralität wird (noch) nicht erreicht

Auch wenn die meisten transaktionsbasierten CO2-Emissionen eher niedrig sind: Keines der vorgestellten Zahlungssysteme erreicht derzeit das Label „klimaneutral“. Selbst die 0,7 g CO2 einer Paypal-Transaktion sind in der Gesamtheit von 19,3 Mrd. Transaktionen7 weltweit für mehr als 13.000 Tonnen CO2 verantwortlich. Darüber hinaus ist die bloße Betrachtung von Transaktionssystemen nicht ausreichend, da der Zahlungsverkehr auch Folgeschritte wie beispielsweise Bescheide und Belege umfasst.


1 Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2021“ des EHI, S. 29
2 https://www.dnb.nl/media/1ftd2xjl/the-carbon-footprint-of-bitcoin.pdf
3 https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/umwelt-energie/umwelt/G20_CO2.html
4 https://www.paymentsjournal.com/the-lightning-network-what-is-it-and-what-are-the-benefits/
5 Roos Lindgreen, E., van Schendel, M., Jonker, N., Kloek, J., de Graaff, L., & Davidson, M. D. (2018). Evaluating the environmental impact of debit card payments. International Journal of Life Cycle Assessment, 23(9), 1847-1861. https://doi.org/10.1007/s11367-017-1408-6) https://cris.maastrichtuniversity.nl/en/publications/evaluating-the-environmental-impact-of-debit-card-payments
6 https://s201.q4cdn.com/346340278/files/doc_downloads/PayPal-2021-Global-Impact-Report.pdf
7 https://www.businessofapps.com/data/paypal-statistics/

Über diesen Autor

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Thomas Keller

Director Consulting

Thomas Keller arbeitet als Director Consulting bei CGI. Er ist ein ambitionierter Digital Native mit über 12 Jahren Erfahrung in verschiedenen digitalen Industrien und Geschäftsmodellen. Mit langjähriger Erfahrung in Digital Payments, Issuing und Acquiring findet er passende Lösungsansätze für die Herausforderungen unserer Kunden. In ...