Anne Schoppe, CGI

Anne Schoppe

Senior Consultant

Wenn es um New Work geht, ist die öffentliche Verwaltung oft noch zurückhaltend. Ist das nicht eher etwas für die Unternehmen der freien Wirtschaft? Viele der Instrumente, die man mit New Work in Verbindung bringt, erscheinen unpassend, wenn nicht sogar zu modern. Dabei sind die Vorteile von New Work offensichtlich, und über kurz oder lang wird die öffentliche Verwaltung nicht umhin kommen, sich dem Thema zu stellen. Nur dann kann sie ein attraktiver Arbeitgeber bleiben und ein motivierendes Umfeld für ihre Mitarbeitenden bieten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem individuellen Weg. Denn New Work ist gestaltbar und entfaltet die größte Wirksamkeit, wenn die Maßnahmen schrittweise implementiert werden – unter Einbezug der individuellen Organisationsfaktoren und der Unternehmenskultur. Einige Organisationen der öffentlichen Verwaltung, die wir begleiten dürfen, machen es bereits vor.

Das Ziel: Psychologisches Empowerment

New Work bedeutet nicht, sämtliche Aspekte davon umzusetzen, sondern, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Beispiel macht es deutlich: Stellen wir uns ein Unternehmen vor, das sich als Vorreiter für New Work sieht. Es gibt keine Hierarchien, die Teams arbeiten selbstorganisiert. Die Mitarbeitenden bestimmen, wann und von wo sie arbeiten möchten. Alle suchen ihre Weiterbildungen selbst aus. Die Büroräume sind bunt und neumodisch. Hundert Punkte auf der New Work Skala? Nicht unbedingt.

New Work kann nur mit einem maßgeschneiderten Konzept funktionieren, dass die Mitarbeitenden unterstützt, statt sie zu überfordern. Jegliche Maßnahmen müssen in das Ziel einzahlen, das sogenannte psychologische Empowerment zu stärken – also die eigene Bedeutsamkeit und Kompetenz sowie die Selbstbestimmung und den Einfluss. Ist dieser Prozess erfolgreich, sind auch mehr Zufriedenheit, höhere Leistung, eine positivere Einstellung und eine bessere Gesundheit nicht mehr weit.

Nicht alle sind bereit für eine Revolution

Wir von CGI betrachten den New-Work-Prozess mit Bedacht, denn wir wissen, dass es entscheidend von den Personen und dem Kontext abhängt, ob New Work seine Wirkung entfalten kann. Es kommt auf die Mitarbeitenden und die individuelle Kultur des Unternehmens an – und somit auch auf die Spezifika der öffentlichen Verwaltung und die Individualität, die jeder einzelnen Organisation innewohnt.

Der US-amerikanische Ökonom und Pionier der modernen Managementlehre Peter Drucker sagte einst: „Culture eats strategy for breakfast“ („Kultur isst Strategie zum Frühstück“). Heute ist landläufig klar: Die Kultur isst so einiges zum Frühstück, gut und gern auch die New-Work-Maßnahmen. Beispielsweise kann es in einer Kultur, in der Entscheidungen top-down getroffen werden, zielführender sein, schrittweise partizipative Elemente einzuführen und die Kommunikation transparenter zu gestalten, als alle Personen von heute auf morgen an jeglichen Entscheidungen zu beteiligen.

Um es deutlich zu sagen: Nicht jede Organisation sollte ihre Führungskräfte abschaffen, die Mitarbeitenden aus dem Van arbeiten oder Weiterbildungen fernab ihres Fachbereiches absolvieren lassen. Nicht jede Kultur ist für radikal neue Formen der Zusammenarbeit bereit.

Es ist etwas in Bewegung geraten

New Work ist keine Revolution, sondern eine Reise. Eine Reise, die beginnt, sobald die Teilnehmenden wahrnehmen, dass sich etwas in Bewegung setzt. Das geschieht gerade in vielerlei Hinsicht. Bürgerinnen und Bürger erwarten zunehmend, dass auch die Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung digital zugänglich sind. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der Konkurrenz mit anderen Branchen wird es immer schwieriger, offene Positionen zu besetzen. Mitarbeitende erwarten eine höhere Flexibilität des Arbeitgebers, um die Anforderungen des Privatlebens mit denen des Jobs in Einklang zu bringen.

So wird vermehrt über Arbeitszeitenregelungen oder den Umgang mit Homeoffice diskutiert. Manche Führungskräfte würden gern eine Homeoffice-Quote vorgeben, da es ihnen wichtig ist, ihre Mitarbeitenden regelmäßig persönlich zu sehen. Auch einigen Teams ist es wichtig, im persönlichen Austausch zu bleiben und Projekte vor Ort miteinander zu organisieren. Viele Menschen haben sich jedoch bereits ihr Büro zu Hause eingerichtet, insbesondere während der Pandemie. Manche haben sogar den Wohnort gewechselt. In einigen Teams funktionieren die digitalen Kommunikationswege optimal, und die Teammitglieder haben dadurch kein Bedürfnis nach regelmäßiger Präsenz im Büro.

Digitalisierung, Fachkräftemangel, Flexibilisierung der Arbeit – die Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung nehmen wahr, dass lang gültige Gegebenheiten auf einmal neu ausgehandelt und definiert werden müssen.

Aus der Perspektive der Mitarbeitenden

Treten Unternehmen an uns heran, weil sie sich auf die New-Work-Reise begeben möchten, nehmen wir zunächst die Perspektive der Mitarbeitenden ein. Wie sieht die Welt aus ihren Augen aus? Was brauchen sie heute und morgen, um weiter produktiv zu sein? Zur Beantwortung dieser Fragen setzen wir Analysemethoden der systemischen Organisationsentwicklung ein, wie Fokusgruppen-Interviews oder Beobachtungen. Auf dieser Basis erarbeiten wir mit der Organisation gemeinsam, was Zukunftsfähigkeit für sie bedeuten kann.

Folgende Leitfragen stehen in dieser Phase im Vordergrund:

  • Wie wollen wir weiter gemeinsam stark sein?
  • Was brauchen wir, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein?
  • Wie sieht UNSER Arbeitsplatz der Zukunft aus?
  • Was macht unsere Unternehmenskultur aus?
  • Was bedeutet Führung für uns?
     

Erst im nächsten Schritt wählt die Organisation aus der New-Work-Klaviatur mit ihren zahlreichen Tools und Innovationen aus.

Ein Werkzeugkasten voller Möglichkeiten

Selbstorganisation, agile Formen der Zusammenarbeit oder neue Raumkonzepte im Büro: Wie bei einem Werkzeugkasten können auf Basis der erarbeiteten Sichtweisen neue Formen der Zusammenarbeit, der Führung oder der Personalentwicklung herausgenommen und in Zusammenarbeit mit den Beteiligten schrittweise implementiert werden. Dabei bleibt die immerwährende Frage im gesamten Prozess: Sind wir noch auf dem richtigen Weg?

Einer großen deutschen Kommune gelang es beispielsweise mit unserer Unterstützung, neue Büroraumumgebungen einzuführen, die ein positives Arbeitsumfeld für die Mitarbeitenden bieten und gleichzeitig die Arbeitgeberattraktivität steigern. Zudem fanden die Teams dort selbst für sich heraus, wie eine gute Zusammenarbeit für sie aussieht. Einen IT-Dienstleister aus dem öffentlichen Dienst haben wir zudem erfolgreich dabei unterstützt, die dortige Meetingkultur zu verbessern. Dies führte dazu, dass die Mitarbeitenden gut mit ihrem Energielevel haushalten und ihre Meetings produktiver sind.

Auch diese Beispiele zeigen, dass New Work ein erstrebenswertes Ziel ist – aber dass der Weg dorthin ganz unterschiedlich aussehen kann. Ich bin überzeugt, dass die Individualität der Organisation künftig die größte Rolle bei den Veränderungen hin zu einer neuen Arbeitswelt spielen wird. Ob diese bei der Einführung neuer Prozesse und Tools mitgedacht wird, entscheidet maßgeblich über den Erfolg.

Über diesen Autor

Anne Schoppe, CGI

Anne Schoppe

Senior Consultant

Anne Schoppe ist systemische Organisationsentwicklerin und Expertin für Veränderungsmanagement und New Work. Innerhalb von CGI leitet sie die Public Change Community und legt ihren Fokus auf Business Consulting im öffentlichen Sektor. Anne Schoppe studierte Wirtschaftspsychologie und beschäftige sich bereits in ihrer Masterarbeit mit dem ...