Die wichtigsten Themen dieses Blog-Artikels:
Die Zeit drängt: Herausforderungen des Pfändungseingangs
Banken müssen in Deutschland täglich unzählige neue Pfändungen bearbeiten – immer abhängig natürlich von der Zusammensetzung und Größe ihres Kundenstamms. Aufgrund rechtlich unterschiedlicher Pfändungs- und Kundentypen ist dies ausgesprochen anspruchsvoll. Darüber hinaus stehen die Banken unter Zeitdruck, da sie als Drittschuldner agieren und rechtzeitig die Guthaben für die Gläubiger sichern müssen. Meiner Erfahrung nach bleiben sie dabei oft auf den Kosten für die Bearbeitung sitzen – und genau dies macht den Bereich für die Automation so interessant, denn der Fachbereich kann dadurch effektiv unterstützt werden. Darüber hinaus erschließen sich interessante neue Optionen, um die Kosten zu reduzieren.
Erst optimieren, dann automatisieren: die Herangehensweise ist entscheidend
Die Pfändungseingangs-Bearbeitung zu automatisieren, erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Fachabteilung und der IT. Es gilt zum Beispiel, andere und neue Arbeitsschritte einzuführen, um die Automation überhaupt zu ermöglichen: So soll die Erstellung einer Drittschuldnererklärung einfacher und standardisierter ablaufen und auch die Regeln für die Pfändungsmaßnahmen für unterschiedliche Kundentypen müssen rechtssicher abgestimmt sein.
Doch diese Umstellungen bieten Banken auch viel Potenzial: Wenn sie den Pfändungseingang für die Automation überdenken, können sie gleichzeitig die Chance nutzen, ihren bestehenden Geschäftsprozess zu verbessern und neu zu dokumentieren. Nebenbei werden so auch die Qualität und Effizienz in der manuellen Bearbeitung gesteigert.
Die Erfahrung zeigt, dass sowohl die Optimierung als auch die Erstellung der detaillierten Fachprozess-Dokumentation gut strukturiert werden müssen. Am besten eignet sich hierzu ein mehrstufiges Vorgehen: z. B. ein Einstiegsworkshop, das Erstellen einer ersten groben Dokumentation und dann die weitere Detaillierung, bei der die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitet während der täglichen Pfändungsbearbeitung begleitet werden. Schon der zweite Schritt sollte vor weiteren Arbeitsgängen mit den IT-Fachkräften erfolgen, um Automations-Fragestellungen in der Detaillierung berücksichtigen zu können. Im Ergebnis reduziert dies meist die Zahl der Iterationen in der Optimierung und Dokumentation.
Erwartungen erfüllen, nicht enttäuschen: Hyperautomation richtig angehen
Aus IT-Perspektive sind Techniken aus dem Bereich der Hyperautomation unbedingt erforderlich. Dazu zählen am Anfang des Prozesses (siehe Abbildung 1) die automatische Klassifizierung von Dokument- und Pfändungstypen und die automatische Datenextraktion. Hier sind Cloud-Lösungen wie Document AI von Google führend. Anschließend werden in vielen Prozessschritten Bank-Services, RPA-Prozesse zur Interaktion mit Legacy-Applikationen und menschliche Bearbeitungsschritte orchestriert.
Die Abstimmung des Gesamtprozesses erfolgt über eine leistungsfähige Workflow-Automation-Plattform, z. B. Camunda. Sie bietet einen standardisierten Rahmen zur Prozessautomation und vereinfacht die Entwicklung und den Betrieb. Ohne die Plattform fehlt die Transparenz bei der Bearbeitung der Pfändungen, aber auch die Grundlage, um nachgelagerte Geschäftsprozesse zu entwickeln.
Meinem Eindruck nach haben die Fachabteilungen hohe Erwartungen an die IT-Abteilungen, wenn es um die Techniken aus der Hyperautomation geht. Diese Haltung entsteht insbesondere durch die Anbieter von OCR-Lösungen oder Low-Code/No-Code-Automationswerkzeugen, die niedrige Einstiegshürden und schnelle Kosteneinsparungen versprechen. Gerade bei Neueinführungen können IT-Abteilungen diese Ansprüche meist nicht einlösen, da sie die neue Technik erst integrieren müssen und darüber hinaus viele organisatorische, rechtliche und sicherheitstechnische Herausforderungen bewältigt werden wollen.
Um Enttäuschungen zu vermeiden, empfehle ich daher, bei der ersten größeren Prozessautomation ein einziges Thema zu fokussieren. Die notwendigen Tools und Techniken werden in mehreren parallellaufenden Projekten oder sogar Programmen so eingeführt, dass eine Wiederverwendung gewährleistet ist. Im Beispiel der Pfändungseingangs-Bearbeitung könnten dies z. B. Projekte für die Digitalisierung und Datenextraktion, die Einführung der Workflow-Automation-Plattform und die Nutzung von RPA sein. Dennoch: Erste komplexe Automationen werden zeitaufwendig bleiben und erst die Wiederverwendung wird in der Folge zu einer schnelleren Umsetzung führen.
Abbildung 1 Pfändungseingang in einer Bank
Qualität zählt: von Anfang an
Während die etablierten Techniken aus dem Bereich der Hyperautomation möglichst wieder verwendbar eingeführt werden, entwickeln die Produkthersteller oder Cloud-Anbieter permanent neue Ideen für weitere Techniken und Tools. Dabei kann es sich darum handeln, mit Sprachmodellen (Large Language Models) die Datenextraktion zu verbessern oder die AI-gestützte Analyse von Prozessdaten für weitere Prozessoptimierungen zu nutzen. So lassen sich völlig neue Automationsthemen angehen und bestehende ausbauen.
Die Dynamik neuer Ideen sollte auf keinen Fall unterbrochen werden. Wichtig ist es jedoch, sie strukturiert aufzunehmen und im Hinblick auf die zukünftige Verwendung konsequent zu bewerten. Diesem Prozess schließt sich dann die Entscheidung an, welche neuen Schritte nach dem Abschluss der ersten größeren Automationsinitiative umgesetzt werden sollen.
Die Einführung und der Betrieb aller Techniken müssen einen passenden Qualitätssicherungs-Prozess durchlaufen; aus Effizienz- und Kostengründen sollte dieser möglichst automatisiert sein. Wir haben in einem entsprechenden Projekt beispielsweise Cucumber genutzt, um die Testfälle zu definieren und zu automatisieren. Dabei wurde der über Camunda orchestrierte Gesamtprozess in unterschiedlichen Konstellationen bei Änderungen automatisiert getestet. Dies garantiert auch bei einer hohen Anzahl automatisierter Geschäftsprozesse einen stabilen Betrieb. Daher ist es wichtig, die Qualitätssicherung von Anfang an zu berücksichtigen.
Sprechen Sie mich gerne an. Gemeinsam klären wir, wie Sie mit Hilfe von Hyperautomation noch erfolgreicher werden können!