„Es ist genial schön, ich sein zu können. Mich nicht verstellen zu müssen. Das gibt viel Kraft.“ Diese Sätze stammen von unserer Kollegin Margo. Wer sie kennt, weiß, was für eine große Bedeutung diese Worte haben. Denn Margos Weg zu sich selbst war ein besonders schwieriger und erforderte unglaublichen Mut: Mit Anfang Fünfzig stand für sie fest, dass sie nicht länger als Mann leben wollte. Sie wollte ihre bisherige Identität hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen. Doch das ist nicht das Einzige, was ihren Lebenslauf so besonders macht.
In einem männlichen Körper geboren, spürte Margo von klein auf, dass sie anders ist. Aber sie konnte es nicht in Worte fassen. „Diese Seite von mir habe ich hinter einer Mauer versteckt“, erinnert sich Margo heute. Auch wenn die Mauer von Anfang an bröckelig ist: Jahrzehntelang hielt sie stand. Und Margo führte ein Leben wie andere Jungen und Männer auch. Alles, was mit Mathematik, Naturwissenschaften und Technik zu tun hat, fiel ihr schon in der Schule leicht. Doch Margo hat Legasthenie, worauf damals wenig Rücksicht genommen wurde. Mit nur 15 Jahren war Schluss mit der Schule und sie begann eine Lehre – als Koch! „Ein brutal stressiger Job“, wie Margo heute sagt. Sie arbeitete meistens sechs Tage pro Woche, im Durchschnitt 12 bis 14 Stunden lang.
Von der Sterneküche in den IT-Service
Wie talentiert Margo als Koch ist, zeigen die Namen der exklusiven Restaurants, die sie verpflichteten, und die außergewöhnlichen Orte, an die sie ihr Beruf führte. Mal arbeitete Margo in Norwegen, am Polarkreis, mal in Namibia, wo sie sich in ihrer Freizeit auf dem Motorrad austobte – und schließlich einen schweren Unfall erlitt. Also ging es zurück nach München, in ein Sternerestaurant. Hier lernte Margo auch ihre Frau kennen. Als sie Mitte zwanzig war, kam die erste der beiden Töchter zur Welt. Um tagsüber Zeit für die Familie zu haben, arbeitete Margo nachts. „Den Schlaf habe ich an meinem freien Tag nachgeholt“, erzählt sie.
Dann geschah etwas, das Margos berufliche Laufbahn vom Kopf auf die Füße stellen sollte. Das Restaurant besaß ein Kassensystem, das zwar viel konnte, aber das niemand verstand und richtig nutzte. Stattdessen kamen immer noch handgeschriebene Zettel in der Küche an, die kaum zu entziffern waren. Margo war genervt – und programmierte das Kassensystem kurzerhand selbst. Die Kassensysteme anderer Restaurants folgten, denn Margos technische Fähigkeiten sprachen sich herum. Und so erfand sich Margo zum ersten Mal in ihrem Leben neu: aus dem Koch wurde ein IT-ler. 1999 legt sie die sieben Prüfungen ab, die man für den MCSE (Microsoft Certified Systems Engineer) absolvieren musste. Gleichzeitig arbeitete sie im „schlechtesten Koch-Job aller Zeiten“ in einer Kantine. Anders wäre es nicht gegangen. Doch es hat sich gelohnt.
Diagnose Burnout – und der Beginn von etwas Neuem
„Ich konnte mir damit meinen Job aussuchen und fing als IT-Techniker in einem kleinen Systemhaus an. Dort habe ich alles von der Pike auf gelernt, den Jahrhundertwechsel miterlebt und den Dotcom-Crash“, blickt Margo zurück. Nach einem Arbeitgeberwechsel stieg sie ins Projektgeschäft ein. Den Schwerpunkt legte sie auf Virtualisierung und baute eines der ersten Hyper-V-Cluster Deutschlands auf. Margo bildete sich weiter fort, absolvierte unter anderem die „Ausbildung der Ausbilder“. Schon lange spielte es keine Rolle mehr, welchen Beruf sie ursprünglich einmal gelernt hatte. Schließlich, 2021, führte sie ihre Karriere zu CGI. Alles lief, und alles schien gut.
Aber die hohe Arbeitslast, die Margo sich über viel zu viele Jahre zugemutet hatte, steckte ihr in den Knochen. Es gelang ihr nicht mehr, einen Ausgleich herzustellen. „Meine Freunde und meine Familie haben gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, sagt Margo. Nichts ging mehr. Diagnose: Burnout. Doch da ist noch mehr. In der Therapie tritt zum Vorschein, was so lange hinter einer Mauer verborgen war: Nach und nach versteht Margo, dass es die Identität als Mann ist, die dafür sorgt, dass sie sich in ihrem eigenen Körper nicht zuhause fühlt. Ein zweites Mal stellt sie sich der Herausforderung, das eigene Leben neu zu schreiben. Diesmal geht es um sehr viel mehr als um einen Berufswechsel. Es geht um ihr ganzes Selbst.
Akzeptanz und Unterstützung: Was Diversity im Arbeitsalltag bedeutet
Bei einem „Diversity Breakfast“ erzählt Margo schließlich ihren Kolleginnen und Kollegen von ihrem Weg. Es ist ihr berufliches Coming-out. Bis hierhin ist sie bereits große Schritte gegangen. Ein Meilenstein war für sie die Namensänderung – weshalb auch in diesem Artikel ihr früherer Name gar nicht erwähnt werden soll. „Ich war erstaunt, dass ich bei CGI meinen Namen so schnell ändern lassen konnte, und auch bei meinem Kunden ging das dank der Hilfe einer CGI-Kollegin überraschend zügig über die Bühne“, freut sich Margo. Als großes Glück empfindet sie es auch, wie ihre neue Identität von ihrem Arbeitsumfeld aufgenommen wurde: „Zum Beispiel hat sich mein Projektleiter sofort überlegt, was er für mich tun kann. Wenn jemand Fragen stellt, die mir unangenehm sind, antwortet er für mich. Diese Unterstützung ist Gold wert.“
Margo ist sehr viel offener geworden. Jemand spricht sie mit dem männlichen Pronomen an? Soll er ihr doch einen Kaffee ausgeben. Immer wieder begegnet sie Menschen, die sie nicht nur akzeptieren, wie sie ist, sondern ehrliches Interesse zeigen. Wer heute mit ihr spricht, erlebt eine Person, die bei sich selbst angekommen ist und ihre Erfahrungen gerne weitergibt: „Wenn ich damit auch nur einem einzigen Menschen helfen kann, geht für mich die Rechnung schon auf“, stellt sie klar. Dass sie bei CGI auf so viel Akzeptanz trifft, hat für Margo viel mit den Werten zu tun, für die das Unternehmen steht: „Bei CGI sollen sich alle wohlfühlen können – egal, welche Hautfarbe sie haben, welche Herkunft oder welche Identität. Wer bei uns arbeitet, ist weltoffen. Deshalb fühle ich mich hier so wohl.“