Für viele blinde und sehbehinderte Menschen ist die selbstständige Orientierung in öffentlichen Gebäuden nach wie vor kaum möglich. Die schnelle Erstellung taktiler 3D-Lagepläne mit BraillePrint hilft, Barrieren abzubauen und die gesetzlich geforderte Barrierefreiheit einfacher umzusetzen.

Eine lebendige und vielfältige Gesellschaft ist nur möglich, wenn alle Bürgerinnen und Bürger uneingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen können. Doch für viele der rund 650.000 sehbehinderten Menschen in Deutschland stellt diese Teilnahme eine große Herausforderung dar: viele Gebäude sind für sie ohne Begleitperson kaum zugänglich, denn wichtige Informationen, wie etwa die Raumstruktur, Beschilderungen oder Fluchtpläne, sind meistens visuell codiert. Zusätzlich fehlen vielerorts standardisierte, tastbare Leitsysteme. Was für den Großteil der Gesellschaft selbstverständlich erscheint – ein Gebäude selbstständig und sicher betreten zu können – ist für viele Menschen schlicht unmöglich.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen betonen die Dringlichkeit des Themas: Die UN-Behindertenrechtskonvention und das Behindertengleichstellungsgesetz verpflichten öffentliche Einrichtungen bereits seit 2019 zur barrierefreien Zugänglichkeit. Ab dem 28. Juni 2025 sind auch private Anbieter gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet. Doch bestehende Lösungen sind teuer, schwer nachrüstbar und nur begrenzt skalierbar. Besonders Brailleschrift, die für blinde Menschen essenziell ist, wird bisher kaum berücksichtigt.

BraillePrint ermöglicht mehr Selbstbestimmung für Sehbehinderte

Angetrieben von ihrem Wunsch nach einer inklusiven und diskriminierungsfreien Gesellschaft, hat sich ein interdisziplinäres Team junger Entwicklerinnen und Entwickler bei CGI dieser Herausforderung gewidmet. Im Rahmen des CGI Innovation Technology Campus haben die motivierten Studierenden nach einer Möglichkeit für eine kostengünstige, einfache und schnell umsetzbare Anwendung für barrierefreie, selbstbestimmte Navigation in Gebäuden gesucht. Die Lösung fanden sie in taktilen, 3D-gedruckten Lageplänen mit Braille-Beschriftung. Mit ihrer Idee nahmen sie 2023 an der Diversity Challenge des Kultusministeriums teil und gewannen dort den zweiten Platz auf Bundesebene. Angetrieben von diesem Erfolg, der dem Team die Dringlichkeit des Themas verdeutlichte, setzen sie ihre Arbeit an dem Projekt fort.

Das Herzstück von BraillePrint bildet ein webbasiertes Tool, das bestehende Gebäudepläne verarbeitet. Nutzerinnen und Nutzer können diese im Editor manuell nachzeichnen und wichtige Punkte wie Wände, Türen oder Treppen markieren. Künstliche Intelligenz unterstützt bei der Beschriftung der Pläne und übersetzt diese automatisch in Brailleschrift. Die finalen Lagepläne lassen sich als 3D-druckfähige Datei exportieren und vor Ort anbringen. So entstehen taktile Gebäudepläne, die Selbstständigkeit und Orientierung für Sehbehinderte ermöglichen – schnell, kostengünstig und ganz ohne Spezialsoftware.

BraillePrint: Drucker druckt einen 3D-Lageplan aus

Die Lagepläne lassen sich als 3D-druckfähige Dateien exportieren

BraillePrint 3D-Ausdruck eines Lageplans

Mit den daraus entstehenden taktilen Lageplänen können sich Sehbehinderte selbstständig orientieren

 

Einfache Umsetzung der Barrierefreiheit mit BraillePrint

Das Besondere an BraillePrint ist die einfache Handhabung und die breite Anwendbarkeit. Nutzerinnen und Nutzer benötigen keine Fachkenntnisse und die Lösung erfordert keine teuren Umbauten bestehender Gebäude. Die einfache Umsetzung ist dem Team rund um Fabian Dietrich ein besonderes Anliegen, denn kostengünstige Anwendungen ohne hohen Schulungsaufwand beschleunigen die barrierefreie Gestaltung des gesamten öffentlichen Lebens – etwa in Rathäusern, Museen, Krankenhäusern oder Universitäten. BraillePrint schließt die Informationslücke zwischen sehenden und nichtsehenden Menschen und bringt damit Inklusion voran. Fabian und sein Team sehen darin aber nur den ersten Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Lösung für flächendeckende Barrierefreiheit.

Perspektiven für die Zukunft

Die Vision des Teams geht weit über den Lageplan hinaus. Geplant sind unter anderem digitale Gebäudepläne mit Screenreader-Kompatibilität, Indoor-Navigationslösungen und taktile Wegeleitsysteme. Auch eine internationale Nutzung ist denkbar – die Software unterstützt bereits länderspezifische Braille-Zeichen und mehrsprachige Ausgaben.

 

Tech Stack

Technologien: 3D-Drucker, Künstliche Intelligenz, Internetbrowser

Das Frontend des Tools wird mit Vue unter Verwendung von JavaScript, HTML und CSS entwickelt und ist mit einem Python-Backend verbunden.

BraillePrint läuft auf allen gängigen Internetbrowsern. Benötigt werden bestehende Gebäudepläne oder Grundrisse als PDF, JPEG oder PNG. Die druckfähige Datei wird als 3MF-Datei ausgegeben.